Es soll ja Freaks Leute geben, die morgens beschwingt mit leerem Magen das Haus verlassen und erst mittags eine Kleinigkeit essen. Ich hingegen würde ohne Morgen-Mahlzeit auf dem Weg zur Arbeit vermutlich knurrend andere Menschen annagen.
So innig liebe ich Frühstück, dass ich meine tiefen Gefühle für die Königin aller Mahlzeiten hier schon mal ausführlich niedergeschrieben habe.
Es gibt da allerdings auch noch einen weiteren, eher unschönen Hintergrund.
Während der vorbeugenden Bestrahlungs- und Chemotherapie 2011 gab es eine Zeit, in der ich weder essen noch trinken konnte. Meine gesamte Körpermitte tat weh, ich hatte permanent Bauchkrämpfe. Jeder Schluck Wasser eine Qual, jeder Bissen Pellkartoffel ein purer Willensakt. Nur intravenöse Medikamente halfen, ein wenig. Das ist vorbei, zum Glück.
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Aber damals habe ich entschieden: Jeder Tag, an dem ich morgens aufwache und essen kann, worauf ich Lust habe – ohne Schmerzen – ist ein guter Tag. Deshalb liebe ich Frühstück besonders. <3
Glücklicherweise gibt es in meiner Bald-Heimat Glasgow eine üppige Auswahl an entsprechenden Lokalitäten. Beim Kurztrip um meinen Geburtstag herum habe ich mich im Süden der Stadt schon mal in zweien davon wonnegrunzend über die Teller geworfen.
Bohnen, Ei und Toast
Am ersten Morgen war ich im „Brooklyn Café“ in Shawlands. Gegründet 1931, sehr urig und unaufgeregt. Es war noch früh, ich die einzige Kundin. Die Sonne malte helle Tupfen auf die dunklen Holztische, und bis auf mein enthusiastisches Schmatzen herrschte andächtiger Frieden.
Ich vertilgte die vegetarische Version eines klassischen Schottischen Frühstücks: Warme, buttrige Toastscheiben, Rührei, weiche Tomaten, gebackene Bohnen und gebratene Pilze, heruntergespült mit einem frisch gepressten Orangensaft.

Frühstücken wie ein verdammter Millennial
Der Tag darauf begann im „Café Strange Brew“ in Shawlands. Absolutes Hipster-Epizentrum, brechend voll, die Luft durchzogen von Baconduft. Ich bestellte zwei geröstete Sauerteigscheiben mit Avocado, perfekt pochierten Eiern, zartem Lachs und cremiger Chili-Hollandaise.
Danach dachte ich, ich müsste frühestens Weihnachten 2019 wieder etwas essen. Wenn überhaupt. Aber seht selbst:

Wo’s lecker ist, geht man zweimal hin
Weil’s am Vortag unsagbar köstlich, ich aber leider selbst für ein Minzblättchen zu vollgefressen gewesen war, ging ich an meinem letzten Tag in Glasgow gleich noch mal ins Strange Brew.
Diesmal orderte ich Pancakes mit einer Mango-Pistazien-Salsa und Kardamom-Sirup und naja, es waren Blumen auf dem Essen und ich hätte vor Freude fast geweint.

Gönn dir!
Sich ein schönes, ausgedehntes, mit Liebe gemachtes Frühstück gönnen, den Moment genießen, den Tag in aller Ruhe beginnen – das ist ein Fitzelchen Glück im stressigen, chaotischen Alltag. Seelenstreicheln. Innehalten. Kraft sammeln.
Und darauf werde ich niemals verzichten. Jedenfalls nicht freiwillig.
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Aaah Café Strange Brew! Steht schon lange auf meiner Liste! Warst du schon einmal im Singl End Café? Das ist auch super, finde ich 🙂
Liebe Grüße Iris
PS: auch bei mir ist das Frühstück 🥞 mein Allerliebstes.