In wenigen Wochen werde ich meine Zelte abbrechen, meine Wohnung in Berlin verlassen und zu meiner Schwester nach Hamburg und in ein Zimmer in Glasgow ziehen. In ein neues Teilzeit-Zuhause. Aber was macht eigentlich ein Zuhause aus – Gerüche, Kissen, Menschen?

„Du bist auf der Suche, seit ich dich kenne“, hat mal jemand gesagt, der mich eine Zeit lang recht gut gekannt hat. Das stimmt schon. Aber nur fast.

Ohne Omi und Opi fehlen meine Wurzeln

Meine Großeltern waren meine Fixpunkte, meine Anker. Es lässt sich wunderbar überall hinfliegen und Luftrollen machen, wenn ein langes Seil immer an zwei starke Herzen gebunden ist. Jetzt, wo sie nicht mehr hier sind, ist auch der Halt weg. Und die Luftrollen machen nicht mehr nur Spaß, sondern auch ein bisschen Angst.

Ich dachte ja mal, ich hätte meinen Hafen gefunden, in meiner Geburtsstadt Hamburg. Alles ist im Fluss, das ganze Leben dreht und bewegt und windet sich unaufhörlich. Reißt dich mit, schleift dich über Steine, spült dich an ein anderes Ufer. Inzwischen schwimme ich einfach mit dem Strom, das kostet weniger Kraft. Und man landet an durchaus überraschenden Orten.

Heimat ist da, wo die Sesselkuhle die Form deines Hinterns hat

So richtig zu Hause war ich in Berlin nie. Hier habe ich hauptsächlich die Trauer um die zwei wichtigsten Menschen meines Lebens durchlebt. Die meiste Zeit versucht, zu überleben. Essen, schlafen, Arbeit, Weinen – Repeat. Keine Kraft für Lifestyle. Zuhause, das war in Berlin nur meine Wohnung.

Hier zum Abschied die Lieblingsorte in meinem Zuhause:

1. Meine Küche

Meine Küche Zuhause in Berlin
Meine Küche | © Jessica Wagener

Weil Essen nun mal nichts anderes als Liebe ist und ich sehr gern koche und experimentiere. Pancakes aus Hafermehl und Banane, Eggs Benedict mit Avocado und Süßkartoffel, diverse Eintöpfe, Quinoa, Amaranth, einmal sogar eine Pastinake. Bloß Fleisch wurde hier nie zubereitet. Tja.

2. Mein Schlafzimmer

Mein Schlafzimmer Zuhause in Berlin
Mein Schlafzimmer | © Jessica Wagener

Weil das der Ort ist, an dem ich lebe, esse, schlafe, arbeite, trauere, netflixe, existiere. Das Zentrum.

3. Mein Balkon

Mein Balkon Zuhause in Berlin
Mein Balkon | © Jessica Wagener

Weil ich hier ganz viele Pflänzchen – Tomaten, Salat, Kräuter und einen Holunder – gedeihen lassen habe und mir das in schwerer Zeit tatsächlich Freude geschenkt hat.

Momentan löse ich meine Berliner Wohnung nach und nach auf. Es fällt mir leichter als gedacht. Bald also auf zu neuen Ufern in Schottland, ein Weilchen als freie Journalistin und Autorin arbeiten und nebenbei ein bisschen studieren in Glasgow, gelegentliche Abstecher nach Berlin und Hamburg inklusive. Vielleicht finde ich ja in Glasgow ein neues Zuhause. Für eine gewisse Zeit wenigstens.

Und sonst? Sonst schwimme ich einfach weiter.

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