Das hier ist der wichtigste, persönlichste, intensivste und schwerste Text meines Lebens. Meine Oma ist gestorben und ich habe sie ein Stück begleitet. Ich finde es wichtig, dass wir uns mit dem Tod beschäftigen – darüber schreiben, lesen, reden. Denn dann wird die Angst ein bisschen kleiner.
In dem Moment, als ich die Tür öffne, weiß ich es.
Oma stirbt.
Sie liegt auf dem Rücken, ihre Arme rechts und links auf der weißen Krankenhausdecke; sie sind prall, voller Wasser. Ihr Mund steht ein bisschen offen – wie immer, wenn sie schläft.
Ihre runde Nase sieht spitzer aus als sonst, ihre Haut ist glatter als ich es erinnere. Ihr Brustkorb hebt und senkt sich regelmäßig. Doch ihrer Lunge fällt das Atmen schwer; immer wieder tiefes, angestrengtes, rasselndes Einatmen.
„Omi?“, flüstere ich, ich will sie nicht erschrecken. „Hörst du mich?“ Keine Reaktion. Sie schläft tief und fest. „Omilein? Ich bin’s.“ Vorsichtig berühre ich ihre Hand. Nichts. Nur das Fauchen der Luft in ihrem offenen Mund und das Sprudeln des Sauerstoffs im Hintergrund.
Oma hat mit dem Sterben auf mich gewartet
Ich bin gestern von einer sehr notwendigen Reise zurückgekommen – auch Oma hat darauf bestanden, dass ich sie mache. „Ich weiß, dass du in Gedanken immer bei mir bist. Ich hab dich lieb. Ich hab dich liehieb!“, sagte sie am Telefon und ich konnte nicht ahnen, dass es ihre letzten Worte an mich waren. Als ich losflog, war die Lage lange nicht so dramatisch.
Oma hat auf mich gewartet.
Ich will meine Tasche abstellen und stoße mit dem Bein gegen den Stuhl. Es rummst und sie öffnet die Augen. Sie sind riesengroß. „Todesaugen“ wird der Arzt sie später nennen, aber das weiß ich da schon, ohne es zu wissen. Und ich weiß auch, was ich jetzt tun muss.
„Ich bin hier, Omi. Wie ich es dir versprochen habe. An deiner Seite. Du muss überhaupt keine Angst haben. Mit mir an deiner Seite brauchst du dich vor nichts zu fürchten. Das weißt du doch, oder?“ Ich war schon immer die Starke, der Fels.
Ein kleines Nicken, bevor ihr Blick mit den großen Augen ruhelos im Zimmer umherschweift.
Rechts, Links, Decke.
„Hast du Schmerzen, Omilein?“
Sie schüttelt sachte den Kopf.
„Hast du Durst?“
Nicken.
„Na, dagegen kann man doch was tun!“
Ich öffne den Schnabelbecher. „Soll ich mischen, Omi? Halb und halb mit Apfelsaft, wie du es magst?“
Nicken.
Ich helfe ihr beim Trinken. Ihre Lippen schließen sich vorsichtig um den Schnabel und sie schluckt, dann sinkt sie erschöpft etwas tiefer ins Kissen. Ich nehme meinen ganzen Mut zusammen, streiche ihr über das grauweiße Haar.
„Du weißt, was los ist, Omi?“
Ein fast unsichtbares Nicken.
„Okay. Aber ich bin hier, also kann dir nichts passieren. Ich hab dich lieb.“
Ihre Nieren versagen
Die Tür geht auf und ein Arzt kommt rein. „Guten Tag“, sagt er und ich frage mich, was er damit meint. Und ich denke: Wenn man als Angehörige in ein Krankenhaus kommt und den Arzt nicht mühevoll auftreiben muss, sondern er von sich aus erscheint, dann ist es ernst. Also frage ich: „Wollen wir hier sprechen oder lieber unter vier Augen?“ Er überlegt kurz. „Lieber unter vier Augen.“ Wir gehen raus.
Vor dem Zimmer erklärt er mir, was los ist.
Oma hatte zwei Infekte, die sie sehr geschwächt haben. Aber das eigentliche Problem ist der Bauchfellkatheter. Er musste zu früh in Betrieb genommen werden, weil Omas Nieren bereits versagt haben. Darum konnte er nicht richtig einheilen – ein Leck entstand. Das Ende der Dialyse. Das Ende von Omas Leben. Oma liegt im Sterben.
„Wir könnten sie jetzt theoretisch noch an die Hämodialyse anschließen. Aber das würde sie nicht überstehen und das wäre auch nicht mehr human.“
Mein Magen verklumpt. Ich weiß, dass er Recht hat. Ich weiß es, seit ich die Tür aufgemacht habe. Ich hole Luft.
„Was würden Sie denn mit Ihrer eigenen Mutter machen?“
„Ich würde sie nicht unnötig leiden lassen.“
Ich merke, wie mein Hals zuschwillt.
„Haben Sie hier eine palliativmedizinische Abteilung.“
Er verneint.
„Arbeiten Sie mit mobilen Palliativdiensten zusammen?“
Er schüttelt den wattig behaarten Kopf.
„Okay. Dann sind Sie also der Mann, der den Weg meiner Oma auf die andere Seite gestaltet?“
„Hm, ja. Wenn man so will…“ Ich glaube, einen Hauch von Güte in seinen Basset-Augen ausmachen zu können. Vielleicht, weil ich das grad brauche.
„In Ordnung. Verstanden. Dann reden wir Klartext: Wie können wir gewährleisten, dass es möglichst schmerz- und angstfrei wird? Was können wir tun? Was kann ich tun? Oma hat sich in den letzten Jahren echt genug gequält!“ Meine Stimme bricht.
Er erzählt was von Morphium und Beruhigungsmitteln und Dämmerzustand und ich weiß es doch auch alles nicht.
Verzweifelt suche ich Hilfe und Informationen
Sobald er weg ist, rufe ich bei einem Palliativteam an. Und die erklären mir: Die größten Schwierigkeiten beim Sterben sind Loslassen, Luftnot, Durst, Schmerzen und Angst. Gegen alles gibt es Mittel, nur beim Loslassen hilft nichts.
Das bespreche ich anschließend mit dem Arzt. Er setzt sämtliche Medikamente ab und bereitet Morphiumspritzen vor. Dann rufe ich meine Großkusine an. Jeder, der noch will, soll jetzt kommen.
Aber sie waren in der vergangenen Woche alle schon da, Oma hatte jeden Tag Besuch: ihre ehemalige Haushaltshilfe und Freundin, meine Mutter, meine Schwester und ihr Freund, die Schwester meiner Oma, ihre Lieblingsbetreuerin aus dem Heim, meine beiden Großkusinen.
Auch Omas Großnichte, die auf der Station nebenan arbeitet, hat in den vergangenen Wochen täglich nach ihr geschaut. „Sie hat sich so gefreut über den Besuch und gesagt ‚Wie schön, dass alle noch mal kommen‘.“
Sie hat es gewusst.
Meine Liebe zu Oma ist stark
Leise öffne ich die Tür und gehe zurück zu Omi. Sie liegt da und mein Herz brennt. „Hey, Omi“, sage ich. Sie schaut mich an und dann wieder rastlos in der Luft umher. „Der Arzt sagt, wir kriegen das alles hin.“ Ich atme ein paar Mal. „Es gibt richtig schöne Morphiumspritzen. Wie bei deinem kleinen Bruder, weißt du noch? Alles wird flauschig. Ich verspreche dir: Es wird nicht weh tun. Und ich bin hier, an deiner Seite.“
Sie schließt die übergroßen Augen und nickt langsam.
Ich gehe um den Tisch, so hilflos, nehme das Parfüm und sprühe etwas davon auf ihre Decke. „Nur, weil man sterbenskrank ist, kann man ja wohl trotzdem noch gut duften.“ Auf Eleganz hat Oma stets Wert gelegt. Es ist das Parfüm, das ihre eigene Mutter immer benutzte und vielleicht hätte ich mir etwas dabei denken sollen, als sie es sich vor einigen Wochen gekauft hat.
Kaum hörbar geht die Tür auf, meine Großkusine betritt das Zimmer. Wenig später kommt meine andere Großkusine dazu. Ich müsse das auf keinen Fall allein machen, sagen sie und ich bin ihnen unendlich dankbar.
Mit der liebenswürdigen, geduldigen Schwester Madleen besprechen wir die Morphium-Dosis. Oma hat ja schon lange Morphin-Tabletten bekommen und braucht daher mehr. „Bitte geben Sie ihr alle zwei Stunden oder so eine Spritze. Das Allerwichtigste ist jetzt, dass sie nicht leidet. Keine einzige Sekunde mehr.“
Oma ist beim Sterben nicht allein
Und so sitzen wir zu dritt um Omas Bett und erzählen die alten Geschichten. Wisst ihr noch… Damals, als… Oma ist immer mal wach und döst dann wieder weg. Sie ist nicht allein, sie wird geliebt.
Die Zeit verstreicht unbeachtet, die Sonne geht unter und der Himmel glüht in allen Farben. Direkt vor Omas Fenster und genau in dem Winkel, dass sie das Spektakel sehen kann, ohne den Kopf zu bewegen.
Oma nickt nicht mehr, sie kann auch nicht mehr schlucken. Unsere Gespräche verebben. Ich singe das Lied, das Oma mir immer zum Einschlafen vorgesungen hat, als ich klein war und in ihrem Bett schlafen durfte. „Wer steht da draußen und klopfet an? Dass ich die ganze Nacht nicht schlafen kann…“ Dann sind wir still und schauen der Sonne beim Abschied zu.
Es gibt ein Wort dafür. Frieden.
Irgendwann verabschieden sich meine beiden Großkusinen, ich bleibe. Schwester Madleen kommt rein. Bevor sie die höher dosierte Spritze setzt, lege ich sachte eine Hand auf Omas Wange und schaue ihr in die himmelblauen Augen, ganz tief. Sie schaut zurück, sie sieht mich direkt an, dieses eine Mal noch. „Auf Wiedersehen, Omi. Meine Liebe“, sage ich und lächle mit nassen Wangen. Sie schließt die Augen.
Ein kleines Gebet am Sterbebett
Oma und ich sind allein. Ich lege meine Hand auf ihre und rede leise, während meine Tränen immer schneller auf das Krankenhauslinoleum tropfen.
„Ich weiß nicht, ob du mich hörst. Aber ich danke dir für deine Liebe, von ganzem Herzen. Danke, dass du mich großgezogen hast. Ich weiß, dass du gesagt hast, ich hätte es am schwersten, wenn du gehst. Aber mach dir keine Sorgen um mich, Omilein. Ich werde das überstehen. Ich habe schon so viel überstanden. Und du wirst immer, immer bei mir sein, egal, was ich tue, wohin ich gehe. Um Opi musst du dir auch keine Sorgen machen, dem geht’s gut und ich passe auf ihn auf. Es ist alles erledigt, Omi. Wenn du magst, kannst du gehen. Du hast genug gelitten. Du musst auch keine Angst haben. Es ist okay, wirklich. Es ist in Ordnung…“
Die letzten Silben sind ein einziges großes Schluchzen.
Omi atmet gleichmäßig und nicht mehr rasselnd.
Und dann fange ich unvermittelt an zu beten. „Lieber Gott, ich weiß gar nicht, ob es dich wirklich gibt. Wahrscheinlich eher nicht. Und ich weiß, wir haben uns lange nicht gesprochen – aber falls es dich geben sollte und du nicht sauer auf mich bist – könntest du bitte machen, dass Omis Weg jetzt ganz leicht wird? Sie war ein guter Mensch und hat sehr viel Liebe hier gelassen und es wäre schön…“
Omi schläft jetzt ganz tief und ich werde stumm.
Eine Stimme schickt mich weg
Ich weiß nicht, wie lange ich da so gesessen habe, aber es ist schon dunkel draußen, als eine innere Stimme unvermittelt sehr klar sagt: „Du solltest jetzt gehen. Das ist der Moment.“ Ich wundere mich, aber widerspreche nicht, nehme meine Sachen, ein letztes „Auf Wiedersehen, ich liebe dich“, ein Winken, dann schließe ich die Tür. Es ist in Ordnung. Ist es das?
[Ihr braucht Hilfe beim Trauern? Lest hier, wie man sie ertragen kann]
Meine Zähne tun innen weh vom Weinen und ich kann nicht aufhören und weiß nicht, wie ich den Weg zur Wohnung meiner Schwester, die zusammen mit meiner Mutter nicht in Deutschland ist, finde, aber ich schaffe es, irgendwie.
Ich falle ins Bett, nehme eine Schlaftablette, um halb sechs wache ich auf und mache mich fertig, um ins Krankenhaus zu fahren.
Der Anruf, vor dem ich mein Leben lang Angst hatte
Als ich den Kaffeebecher abstelle, um loszugehen, klingelt mein Telefon. Es ist die Klinik, es ist 7:29 Uhr. Ich setze mich. Jetzt.
„Sind Sie Frau Jessica Wagener?“
„Ja.“
„Ihre Großmutter ist heute Morgen um zehn nach Sieben gestorben.“
„Okay. Okay. Kann ich sie noch mal sehen und mich verabschieden?“
„Aber natürlich.“
Oma ist gestorben. Ich lege auf und rutsche aus dem Stuhl auf die Knie, mein Mund offen in einem stummen Schrei.
Dann rufe ich Menschen an, dann sitze ich in einem Taxi, dann stehe ich vor einer weißen Tür in einem Krankenhaus.
Meine Oma ist gestorben – sie ist einfach nicht mehr da
Ohne zu zögern öffne ich sie. Ich werde jetzt eine Leiche sehen. Omi sieht aus wie gestern, den Mund ein bisschen offen – wie immer, wenn sie schläft. Nur die lachsfarbene Rose zwischen den gefalteten Händen ist anders.
Ich setze mich neben sie und schaue sie an. Ach, Omi. Omi, bist du wirklich tot? Ich starre auf ihren Brustkorb. Hat er sich nicht grad bewegt? Ich lege meine Hand auf ihre und sie fühlt sich fast so an wie immer und ich versuche, unser Schlaflied zu singen, aber es geht nicht, weil ich so weinen muss.
Schwester Madleen kommt rein und wünscht mir leise herzliches Beileid. Sie weiß, welche Frage mich aufwühlt, ohne dass ich sie stelle. „Keine Sorge, sie ist nicht mehr aufgewacht, sie hat die ganze Nacht tief und fest geschlafen, ich habe immer wieder nachgesehen. Es war alles ganz friedlich.“
Und sie weiß auch, was mich noch quält. „Manche Menschen können erst richtig loslassen, wenn sie allein sind.“ Mein Dank kennt keine Worte, also umarme ich sie.
Meine Kusine, die in der Klinik arbeitet, kommt rein und nimmt mich in den Arm. Wir haben uns Jahrzehnte nicht gesehen, aber so fühlt es sich nicht an. Sie erzählt ein bisschen von Omas letzter Woche und wie glücklich sie über den vielen Besuch war.
Wenig später kommt meine Großkusine und hilft mir mit den Anrufen und den Sachen und allem und ich bin so froh darüber, nicht allein zu sein.
Wie soll ich das nur Opa beibringen?
Dann fahren wir zu Opa ins Pflegeheim, ich will es ihm selbst sagen. Es zerreißt mir mein Herz.
Ich setze mich an sein Bett, nehme seine knorrige Hand. „Opi, du weißt ja, dass Omi sehr krank war.“ Sein Gesicht bewegt sich nicht. Ich entschließe mich, es kurz und direkt zu machen. Er ahnt es vermutlich sowieso. „Ich fürchte, ich habe schlechte Nachrichten. Die Oma ist gestorben heute früh.“
„Ach was?“ sagt er knapp und obwohl sein Gesicht ausdruckslos bleibt, liegt Entsetzen in seiner Stimme.
Ich erzähle ihm alles, jedes Detail, ganz langsam und in aller Ruhe. „Es war friedlich und schmerzfrei und liebevoll. Es gab einen Sonnenuntergang und ich habe für sie gesungen. In ihrem letzten wachen Augenblick war sie nicht allein. Und es hat nicht wehgetan.“
Nach minutenlanger Stille sagt Opa nachdrücklich „Ich habe das gespürt. Heute morgen um sieben bin ich aufgewacht und ich habe das gespürt.“ Ich weiß, dass es diesmal nicht seine Demenz war. Und ich weiß auch, dass wir das irgendwie ertragen können, als Familie. Aber für Opa wird es sehr schwer werden, dass Oma gestorben ist.
Omi ist tot – aber sie lebt weiter
Als ich mich am Nachmittag schließlich zurück zur Wohnung meiner Schwester schleppe, komme ich an einer Kleingartenkolonie vorbei. Es ist ein wunderbarer, satter Spätsommertag, die Luft vibriert vor lauter Leben. Das letzte Aufbäumen, bevor im Herbst alles stirbt.
Plötzlich höre ich Oma, sehr deutlich: „Sei nicht traurig, mein Kind. Es geht mir gut, gut geht es mir! Ich bin munter und fidel. Ich habe keine Schmerzen mehr. Wenn ich gewusst hätte, wie schön das ist – ach, ich wäre schon viel früher gegangen!“
Es sind Momente wie diese, an denen ich mich ausdrücklich nicht für verrückt halte.
Da steht ein ausladender Baum, restlos angefüllt mit reifen Äpfeln. Wieder Omas Stimme: „Ooooh, guck dir den Baum an! So viele Äppel! Ach, Kind – sei nicht traurig. Weine nicht. Freu dich lieber über das Leben, über die Natur. Die Natuuurrr!“
Ich muss unwillkürlich lächeln. Keine Ahnung, ob es ein Leben nach dem Tod gibt und wie das aussieht. Ich denke, es geht ihr gut, wo oder was auch immer sie jetzt ist. Ja, das Leben ohne sie wird nicht leicht, sie fehlt so sehr. Ihre ruppigen Witze, ihr Rat, ihre Umarmungen, ihre kleine Hand in meiner. Wie Opa und ich Omis Beerdigung ertragen sollen – ich habe keine Ahnung.
Ach, ach. Meine Oma ist gestorben, es ist tatsächlich und wahrhaftig passiert. Ein Leben ohne sie fühlt sich an, als hätte mir jemand die warme Decke weggenommen. Aber über zehn Jahre Kampf, Krankheit, Qual, Not und Elend sind endlich zu Ende. Und wir werden sie immer, immer bei uns haben. Ihre Stimme, ihre Kommentare.
Vor allem jedoch ihre Liebe.
In diesem Buch könnt ihr übrigens die Geschichte von Omi und Opi noch mal nachlesen:
Hier sind weitere Texte zum Thema Tod und Trauer:
- Die fiesen Besuche von Trauer und Schmerz
- Hier findest du ein bisschen Trost bei Trauer und Tod
- Was wir vom Tod fürs Leben lernen können
- Wie Schmerz uns zu den Menschen macht, die wir sind
- Mein Weg in ein neues Leben ohne Omi und Opi
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Liebe Jessica, meine Oma Beate ist vor einigen Stunden eingeschlafen. Auch sie litt die letzten Monate an Leber- und Nierenversagen. Die letzten 8 Tage verbrachte sie auf der Intensivstation und gestern wurden alle Medikamente außer die starken Schmerzmittel eingestellt. Deine Geschichte tröstet mich. Zu sehen, dass so viele eine ähnliche Situation durchleben und auch durchstehen bringt mir Hoffnung und genau wie du meintest: Frieden. Vor mir liegt noch einiges an Kummer und Trauer, aber das wird schon. Alles Liebe an dich und danke, dass du deine Geschichte geteilt hast. Liebe Grüße, Leni
Liebe Leni, mein aufrichtiges Beileid. Es tut mir so, so leid. Ich wünsche dir ganz viel Kraft und Omi-Liebe. Ich wette, die sitzen jetzt zusammen auf Wolke Sieben. <3 Sei lieb und nachsichtig mit dir. Es dauert, aber es wird besser. Versprochen. Umarmung aus Schottland! Jessica
Liebe Jessy, ich teile ein ähnliches Schicksal wie du. Ich war immer ein Oma Kind, mit allem was da zu gehört. Meine größte Sorge war immer: was ist wenn Oma nicht mer da ist? Auch auf mich hat sie gewartet. Da ich beruflich viel Verantwortung trage und mich und meine Oma 500 km trennten, hatte ich immer Angst nicht schnell genug bei Ihr zu sein, wenn sie gehen wird. Meine liebe Oma mia ist auch an Nierenversagen gestorben und ich konnte jeden Tag bei ihr sein. Die Schwestern haben mir ein Bett in ihr Krankenhaus Zimmer gestellt. Sie wusste dass sie gehen wird und ich wollte bei ihr sein. Nachdem sie verstarb las ich einen Abschiedsbrief zur Trauerfeier vor, der meine Kindheit und meine Liebe zu ihr beschrieb. Ich Wusste nicht wohin mit meiner Trauer und hatte das Gefühl, dass mich niemand versteht und ich nie wieder lachen kann. Ebenso wie du wusste ich: das hätte Oma nicht gewollt. Ich blieb stark und schrieb alles in Form eines Briefes an sie, Tag für Tag. Nach 1,5 Jahren hatte ich den Abschied und die Trauer festgehalten. Es nahm mir immer wieder dieses Gefühl nicht atmen zu können und keine Hoffnung auf morgen zu haben. Nachdem ich deine Briefe las, entdeckte ich so viele Gemeinsamkeiten und mir kam es vor als würde ich dich kennen. Als wäre da doch jemand, dessen Herz auch einen Kratzer hat. Da war jemand, der für seine Oma stark sein will-weil Oma es auch war! Deine Oma ist sicher so stolz auf dich und freut sich über jeden Brief, und Opa natürlich auch. Manchmal will ich sie so gern einfach kurz anrufen und sie fragen, wie es so geht und was es neues bei „rote Rosen“ gibt. Aber dann schreibe ich ihr einfach. Und einmal im Jahr zu ihrem Geburtstag, lasse ich einen Ballon steigen (shame on me). Vielen Dank, dass du uns dein Herz geöffnet hast. Du bist eine starke Frau! Omas sind wie Mamas- nur mit Puderzucker. Alles Gute dir und viele Grüße aus Berlin. Amira
Liebe Amira,
Danke für deine berührenden Worte. Wie wundervoll, dass du auch so eine schöne und innige Beziehung zu deiner Omi hattest. Und auch, dass du bei ihr sein konntest. <3 Ich schicke dir allerliebste Grüße und eine Umarmung aus Glasgow!
Meine Oma ist am 27.09.2019 gestorben ?
Mein herzliches Beileid. Und viel Kraft. <3
Danke für deinen Text. Er hat mir die letzten Tage geholfen, da ich in fast der gleichen Situation war.
Ich hatte die 4 Tage als Omi im Sterben lag solche Panik verspürt. Angst. Panik. Schlaflosigkeit. Dieses Gefühl der Verlust die kommen wird. Ich wusste auch durch deine Geschichte was wann wie kommen wird und war vorbereitet. Danke dafür. Irgendwie fühle ich mich jetzt aber „leichter“. Das Schlimmste war das Wissen, dass es passieren wird. Ich hoffe, dass ich keinen Schock habe, sondern einfach dankbar und glücklich bin, dass sie jetzt bei meinem Opi ist und vor allem, dass sie nicht lange leiden musste. Und dass ich sie 39 Jahre um mich haben durfte und die Liebe nie vergehen wird.
Liebe Sabrina
mein aufrichtiges und von Herzen kommendes Beileid für deinen Verlust. Ich weiß, wie unendlich schwer das ist. Du hast so recht, wenn du sagst: Die Liebe bleibt. Denn das tut sie. Und, das kann ich dir versprechen, die Trauer wird besser, langsam und nach und nach. Einfach nur Minute für Minute, Stunde für Stunde, Tag für Tag überstehen. Ich schicke dir ganz viel Kraft. <3
Ich vermisse meine Oma weil sie die wichtigste Person in meinem Leben war ??
Das verstehe ich sehr gut, das war bei mir genauso. Aber weißt du was? Das wird sie auch bleiben, in deinem Herzen.
Heut sind es 14 Jahre, dass meine Omi gegangen ist. Es tut immer noch fest weh. Sie fehlt immer noch. Ich vermisse sie immer noch sehr. Sie war meine Lieblingsomi, aber an ihrem Todestag war ich nicht bei ihr. Dass ich ausgerechnet an diesem Tag nicht bei ihr war, kann ich mir immer noch nicht verzeihen.
Eine kluge Frau hat mal etwas sehr, sehr Wichtiges zu mir gesagt, das ich immer im Herzen trage, weil es so verdammt wahr ist: „Die Qualität einer Beziehung entscheidet sich nicht am Sterbebett. Sondern in all den Jahren davor.“ <3
Hi!
Der Artikel trifft mitten ins Herz. Ich bin derzeit in der gleichen Situation wie Sie.
Es ist schon sehr, sehr hart.
Wie meinen Sie das, Oma hat nach ihrem Tod mit Ihnen gesprochen? Haben Sie sich das eingebildet oder war es tatsächlich real?
Ich wünschte, meine Oma würde sich auch noch einmal bemerkbar machen und sagen, wie es ihr geht. Das Schlimmste an dem Verlust ist, dass ich nicht weiß wo sie ist und ob es ihr gut geht. Wenn ich wüsste, dass es ihr gut geht, wäre ich sicher weit weniger traurig. Dann wüsste ich, dass ich sie wiedersehen werde.
So bleibt nur die Hoffnung und der Glaube daran. Ich liebe sie so sehr. Es wäre das Schönste für mich, sie noch mal wieder in die Arme schließen zu können und sie nie wieder loslassen zu müssen.
Alles Gute wünsche ich Ihnen!
Lieben Gruß
Polli
Liebe Polli,
ich fühle mit dir. Aber ich möchte mit dir auch etwas teilen, das ich in der langen Zeit der Trauer um Omi und Opi gelernt habe und das mich überrascht hat: Natürlich spürst du deine Liebe für sie noch ganz genau, auch, wenn du sie nicht mehr umarmen kannst. Aber ich habe gemerkt: Ich kann Omas und Opas Liebe auch noch fühlen! All die gemeinsamen Jahre, alles, was sie mir mitgegeben haben, all die Liebe, die sie fast 40 Jahre für mich hatten und mit der sie mich überschüttet, die sie in mein Herz gepflanzt haben – sie ist nicht weg. Das Gefühl, geliebt zu werden, ist noch da – genau wie am Tag vor Omas Tod. Eventuell ist es das, was Menschen meinen, wenn sie sagen: Liebe überdauert alle Zeiten. Das hat mich sehr glücklich gemacht. Vielleicht hilft es dir ein wenig, das wäre schön. Viel Kraft schicke ich dir! <3
Ich war dieses Jahr im Februar genau in der gleichen Situation. Als Krankenschwester dachte ich, ich könnte viel besser mit dem Sterben umgehen. Aber meine Omi im Krankenhaus so zu sehen und die Qualen die sie durch machte, hatte sie nicht verdient. Aber sie hat es geschafft, auch kurz nachdem wir gegangen sind. Leider warte ich bis heute vergeblich auf ein Zeichen von ihr. Klingt das verrückt?
der text hat mich einige tränen gekostet, weil er die erinnerung geweckt hat an diese stunden und tage zwischen dem wissen, dass der verlust kommt und dem moment, als es passiert ist. ich weiß, was du meinst, als du ihre stimme gehört hast. ich hab sie auch das sagen gehört, was sie immer gesagt hat wenn ich mich als kind weinend von ihr verabschiedet hat „geh schatzilein, sei nicht traurig“. nur dass früher noch ein „wir sehen uns bald wieder“ kam. es werden heuer 11 jahre und es schmerzt noch immer.
Danke. <3
Ich habe fast keine Worte, nur Tränen gerade. Danke für diesen berührend ehrlichen Text. Ich wünsche dir ganz viel Kraft und dass du deine Omi weiterhin als Begleiterin an deiner Seite wahrnehmen kannst.
Es ist nicht leicht. Immer noch nicht. Aber es wird langsam besser.
Jessica,
was für ein schöner Tod, wenn ich das so sagen darf.
Meine Oma ist auch vor Jahren gestorben und damals habe ich tagelang geweint. Weil ich in diesem Moment nicht bei ihr sein konnte, weil ich nie wieder die Möglichkeit haben werde, mit ihr zu reden und sie zu berühren, weil ich nicht wusste, ob sie schmerzfrei und glücklich von uns gegangen ist…
Deine Zeilen haben mich zu Tränen gerührt, nicht nur wegen des Todes, sondern weil die Liebe so gegenwärtig ist. Es ist immer schwer, wenn ein geliebter Mensch stirbt, aber die Liebe wird uns immer an sie erinnern.
Alles Liebe,
Thao
Es ist so erstaunlich, was Liebe alles bewirkt. <3
❤️❤️❤️ (Ich finde gerade keine Worte.)
Ich danke euch allen so sehr dafür, dass ihr diesen Text ertragen, gelesen und so warmherzig kommentiert habt. <3
Ich finde das Thema Tod/ Sterben unglaublich wichtig. Es geht uns alle an und doch wissen wir kaum etwas darüber und verdrängen es lieber. Und wenn es dann – unvermeidlicherweise – bei uns oder unseren Lieben soweit ist, sind wir ängstlich und hilflos, wissen nicht, was passiert und wie wird damit umgehen können.
Ich finde, das sollte sich ändern.
Ein Text der sehr berührt. Danke. Ich wünsche Dir viel Kraft für das Erste Jahr.
Durch einen geteilten Hinweis auf diesen Artikel bin ich hier gelandet. Es fällt mir schwer zu schreiben, denn ich weine wie verrückt! Ich habe meine Omi genau wie Du über alles geliebt. Sie ist nun schon unfassbare 11 Jahre tot und ich vermisse sie immer noch schmerzlich. Es wird nie aufhören, weh zu tun. Wie oft denke ich: „Ach Omi, wie gern hätte ich dich noch bei mir!“
Mein herzliches Beileid an dich und deine Familie.
Danke für diesen wundervollen Artikel! Manchmal tut es gut, einfach da zu sitzen und zu weinen…
Danke für deinen aufrichtigen und berührenden Text. Ich wünsche mir sehr das viele Menschen ihn lesen und zum Anlass nehmen sich Gedankenzu machen. Dir wünsche ich von Herzen alles Liebe und die Kraft weiter zu gehen.
Vielen Dank für diese Zeilen.
Ein so emotionaler, berührender und ehrlicher Text. Sitze hier mit dicken Tränen in den Augen. Ich habe leider nicht so viel Kraft gehabt… damals als meine Oma und mein Opa gegangen sind.
Ader der Text macht Mut, egal was kommen mag, sich mehr zu öffnen und einfach nur „sein“ und nicht nachdenken. Liebe kennt keine Grenzen oder Scham. Dankbar für den so traurigen aber doch so berührenden Text! Alles Gute!
Ein mehr als tiefer Text / Dir Kraft & Zutrauen.
16 Jahre, 7 Monate und 9 Tage…
Damals ging meine Oma. Trotz Demenz und nachdem sie mich sechs Monate nicht gesehen hatte, erkannte sie mich auf Anhieb, als ich die Türe zu ihrem Altenheimzimmer öffnete und sprach mich mit meinem Namen an, beim letzten Besuch. Große Liebe, der wichtigste und prägendste Mensch in meinem Leben…
Es gibt keine Worte für die damaligen Gefühle, den Schmerz.
Heute ist sie nach wie vor bei mir. Immer noch große Liebe und immer noch hin und wieder Tränen und – viel Wärme, Dankbarkeit, Lächeln, Sprüche von ihr – und das Wissen, daß es damals Zeit war, ein volles, hartes Leben, das letztendlich nur noch schwer und schmerzhaft war zu verlassen. Und nein, ich bin nicht verrückt, es finden manchmal immer noch Dialoge statt :).
Viel Kraft und ganz viel Liebes wünsche ich Ihnen, Jessica.
Herzliche Grüße, Nina
Mein herzliches Beileid!
Liebe Jessica, fuehle dich ganz fest gedrückt.
Vor genau zwei Jahren ging mein Vater von uns, dein Opa erinnert mich immer ein bisschen an ihn, wenn du von ihm schreibst. Wir haben uns zu ihm ins Bett kuscheln können an seinem letzten Abend und ihn ganz fest gehalten. Sein Enkel hat ihm seine Lieblingslieder vorgespielt.
Es ist bei allem Schmerz sehr tröstlich, gemeinsam Abschied nehmen zu können und dafür zu sorgen, dass der/die Liebste nicht leiden muss.
Ich habe seit den STERN-Blog-Zeiten leise bei dir mitgelesen und dich bewundert – du hast wirklich alles Menschenmögliche getan für deine Großeltern, aber auch für so wichtige Pausen fürs eigene Kraft-Tanken gesorgt, ab und an. Alles richtig gemacht, und doch scheint es nie genug, oder zuviel.
Und so viel einfacher wäre es, wenn man nicht Zeit und Kraft im Kampf gegen Windmühlen drangeben müsste, die sich Pflegeheime, Krankenhäuser oder Behörden nennen – habe das auch alles durch, und war erschüttert, wie es oft bei euch gelaufen ist.
SO möchte man seine letzten Tage nicht verbringen – ich glaube, unsere Generation wird das selbstbestimmter regeln. Die Ressourcen reichen eh‘ nicht mehr, also dann lieber ein schnelleres Ende als diese Qual. Sagt sich im gesunden Zustand zwar leichter, als im E-Fall, aber für uns wird es denn Schierlingsbecher schon aus Kostengründen sicher auf Rezept geben.
Aber vorher leben und lieben wir noch ganz intensiv!
Ich wünsche dir Kraft für die nächsten Tage und Wochen – es wird irgendwann leichter, und dann spürst du die Decke auch wieder. Die Oma hat sie sich nur für die Reise ausgeborgt.
Liebe Jessica,
ich folge Dir auf Twitter und habe auch Dein Buch gekauft. Ich habe meine über alles geliebte Oma bereits vor über 5 Jahren verloren und sie in den letzten, schweren Monaten auch begleitet. Von daher weiß ich genau, wie es Dir geht und was Du durchgemacht hast. Glaube mir, die Trauer, dass die Oma nicht mehr da ist, wird nicht so schnell vergehen, aber sie wird erträglich und die Erinnerungen bleiben für immer.
Ich wünsche Dir, und auch Deinem Opa, für die nächste Zeit viel Kraft und dass die Erinnerungen irgendwann nur noch ein Lächeln auf Euer Gesicht zaubern und keine Tränen mehr.
Dani (TanteEla74)