Der Tod ist endgültig, Sterben ist schwer und Verlustschmerz verschlingt uns. Aber hier gibt es ein bisschen Trost bei Trauer.

In den vergangenen Jahren sind in meinem persönlichen Umfeld neun Menschen, die mir am Herzen lagen, gestorben. Und der Tod ist auch durch meine eigene Krebs-Erkrankung ein flüchtiger Bekannter. Ich mag ihn noch immer nicht, aber ich habe ihn inzwischen so etwas wie schätzen gelernt.

Ich halte Tod, Sterben und Trauern für extrem wichtige Themen, die wir im Alltag zu oft und zu gern verdrängen. Aber sie gehen uns nun mal alle an. Und vielleicht könnten meine Erfahrungen mit Tod und Trauer ja jemand anderem in einer schweren Zeit helfen.

Darum geht’s in diesem Blogpost über Trost bei Trauer:


1. Wie geht man damit um, wenn geliebte Menschen sterben?

2. Wie findet man Trost bei Trauer, wenn jemand gestorben ist?

3. Warum Trauer und Tod zum Leben gehören

4. Arten, auf die Verstorbene noch bei uns sind

5. Was wir vom Tod fürs Leben lernen können

6. Den eigenen Tod vorbereiten

7. Leseliste

Trost bei Trauer
Trost bei Trauer | © J. Wagener

1. Was, wenn geliebte Menschen bald sterben?

Omi und Opi waren beide lange krank, bevor sie im September 2016 und April 2017 gestorben sind. Omi hatte über zehn Jahre mit den Spätfolgen eines schweren Herzinfarktes zu kämpfen, bis schließlich ihre Nieren versagten; Opi litt an Demenz und Parkinson und war bettlägerig.

Obwohl es uns unsagbar schwer gefallen ist, unangenehm war und auch wehgetan hat, haben wir über den Tod gesprochen. Omi fiel es etwas leichter als Opi, der Unschönes am liebsten ignoriert hat.

Angefangen haben wir mit organisatorischen Themen: Wie soll eigentlich die Beerdigung laufen? Wer soll kommen, wer nicht? Welche Musik, welche Blumen, welcher Kuchen? Was ist schon bezahlt, was muss noch bezahlt werden und wie machen wir das? Wer kümmert sich um alles? Welches Bestattungs-Institut ist gebucht, wo sind die Unterlagen?

Omi hatte bereits ein Grab und einen Grabstein gekauft und gravieren lassen. Was auf den ersten Blick morbide klingen mag, war pragmatisch, vorausschauend, liebevoll und ein echter Trost bei Trauer. Denn all das hat mir nach ihrem Tod enorm geholfen.

Wer nach einem Verlust akut trauert, den kostet jede noch so kleine Entscheidung nämlich ungeheure Kraft. Dann ist es doppelt wohltuend zu wissen, dass man nicht groß nachdenken muss und alles im Sinne des Verstorbenen ist.

Und auch für den Menschen, der sterben wird, ist es ein klitzekleines Stückchen leichter zu wissen, dass alles – wie Omi immer sagte – „seine Ordnung hat“.

Außerdem war noch zu klären: Haben wir alle Dokumente, sind sie auf aktuellem Stand und im Notfall zur Hand – Patientenverfügung, Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht?

Ich hatte von allem mehrfache Ausführungen, die bei Omi und Opi im Pflegeheim, bei meiner Schwester, bei mir und auch noch mal digital auf der Dropbox lagen.

>> Vielleicht auch was für dich: Ein ehrliches Danke an alle Pflegekräfte <<

Und dann waren da noch Fragen wie: Organspende ja oder nein, Kleidung nach dem Tod, Sarg, Fotoauswahl… Ich war hinterher so unendlich heilfroh, dass wir gemeinsam stark und mutig genug gewesen waren, darüber zu sprechen.

Tut der Tod weh?

Die tiefste Angst meiner Großeltern war die Ungewissheit – ob es weh tut, was danach kommt. „Ist ja bisher noch niemand zurückgekommen, um es uns zu erzählen“, hat Omi gesagt.

Und weil ich die beiden sehr geliebt habe und sie keinesfalls in Angst gehen lassen wollte, habe ich für einen Artikel meine Freundin Alua Arthur um Rat gefragt. Sie lebt in Los Angeles und ist eine Death Doula, eine Art Hebamme für Sterbende oder Sterbebegleiterin.

„Ja, nach allem, was ich weiß und erlebt habe, ist Sterben wahrscheinlich schmerzhaft – so ähnlich, wie eine Geburt auch schmerzhaft ist“, sagte sie mir. Sterben ist ein Übergang, der zweite große transformative Prozess im menschlichen Leben. „Zum Glück gibt es aber Medikamente, die dabei helfen. Die Palliativpflege hat sich darauf spezialisiert.“

Wie unser Leben endet, das ist immer höchst individuell. Alua hat mir den Sterbeprozess verkürzt so beschrieben: „Wir verlieren nach und nach die Kontrolle über den Körper, auf den wir uns ein Leben lang verlassen konnten. Wir verlieren auch das Gefühl für Raum und Zeit. Das Atmen wird immer schwerer, bis wir es irgendwann nicht mehr schaffen. Das ist dann der Moment, in dem wir sterben.“

Wie nimmt man jemandem die Angst?

„Menschen fürchten den Tod aus vielen Gründen“, hat Alua mir erklärt. „Weil er eine große Unbekannte ist. Weil sie Angst haben, dass danach nichts mehr kommt und sie keinen starken Glauben an ein Leben danach haben. Weil sie sich vor Schmerzen fürchten und vor dem fortschreitenden Verfall ihres Körpers. Sie haben Angst, allein zu sterben. Sie haben Angst, die Kontrolle über ihre Entscheidungen zu verlieren. Und viele haben Angst zu sterben, weil sie ihre Familie und geliebte Menschen nicht zurücklassen wollen. Doch ich denke, die größte Angst vor dem Tod kommt daher, dass Menschen das Gefühl haben, sie hätten nie wirklich gelebt. Sie haben Angst zu sterben, weil ihre Leben unfertig sind.“

Am besten gegen die Angst vor dem Tod hilft also ein intensiv gelebtes Leben ohne Reue und ungeklärte Altlasten, habe ich für mich zusammengefasst.

Das Schwerste ist das Loslassen

Natürlich gibt es Medikamente, die nicht nur gegen Schmerzen, sondern auch gegen Angst und Atemnot helfen – das hat mir eine Palliativschwester am Telefon gesagt, als Omi im Krankenhaus im Sterben lag: Die größten Schwierigkeiten beim Sterben sind Loslassen, Luftnot, Durst, Schmerzen und Angst. Gegen alles gibt es Mittel; nur beim Loslassen hilft nichts.

Diese Twitter-Geschichte eines Rettungssanitäters zum Thema Loslassen zum Beispiel hat mich tief berührt:

So ganz kann man jemandem die Angst vor der Ungewissheit und der Endgültigkeit nicht nehmen – egal, wie innig und tief man diesen Menschen liebt. Man kann nur versuchen, es demjenigen ein wenig leichter zu machen.

Alua hat mir aus ihrem Alltag erzählt: „Ich tue mein Bestes, Menschen beim Planen zu helfen und bei der Frage, wie sie ihre letzten Tage gern hätten. Wenn ich bei einem sterbenden Menschen bin, habe ich nur eine Aufgabe: sagen, dass alles okay ist und dass er oder sie es vollkommen richtig macht.“

Es geht ums leichter machen

Und dann ist mir aufgefallen, dass es bei all den Vorstellungen eines Lebens nach dem Tod – Himmel, Paradies, Wiedergeburt, Nirvana – im Grunde darum geht, uns das Abschiednehmen, Gehen und Loslassen leichter zu machen.

Also habe ich für Omi und Opi eine Vision entworfen, auf die sie sich freuen konnten: „Ich glaube, im Himmel sieht es aus wie bei uns im alten Garten im Sommer. Die Obstbäume blühen, das Gras ist vorne frisch gemäht und hinten kniehoch. Am großen Tisch sind alle versammelt, Oma: dein Sohn, der vergangenes Jahr gestorben ist, dein kleiner Bruder, deine Eltern, deine Schwester und die anderen Brüder. Deine geliebte Cousine Christel, die du vor über 70 Jahren bei dem Unfall verloren hast und seitdem schrecklich vermisst. Alle werden da sein und auf dich warten, Oma. Im Hintergrund dudelt das Radio und Lampions leuchten. Auf dem Tisch steht nur Lieblingsessen. Überall Eis. Auch Bier und Likörchen, aber keiner wird wirklich betrunken. Und auf deinem Platz, Omi, liegt eine Schachtel Lux, die niemals leer wird.“

Und Omi hat geantwortet: „Na, wenn das so ist, dann habe ich nicht mehr solche Angst.“

Als Omi schließlich gestorben ist, war ich bei ihr – hier könnt ihr lesen, wie es war. Die schwerste, größte, schönste, schrecklichste, dankbarste Aufgabe meines bisherigen Lebens. Ich würde es jederzeit wieder genau so machen und fühle mich geehrt und voller dankbarer Demut, dass ich bei ihr sein durfte.

Bevor jemand stirbt:

• mutig und liebevoll sein und offen reden
• Ungeklärtes klären helfen – Beziehungen, Reue, Sehnsüchte, Wünsche, Dokumente
• Ängste erfragen und versuchen, Lösungen zu finden
• Palliativ-Pflege kontaktieren

Wenn jemand im Sterben liegt:

• Ärzte, Pflegepersonal in die Pflicht nehmen
• Medikamente besprechen
• zum Sterbenden zart und respektvoll sein
• eine ruhige Umgebung schaffen
• nicht hektisch berühren oder überfordern
• sich dem Rhythmus des Sterbenden anpassen


2. Wie findet man Trost bei Trauer?

Als erst Omi und sieben Monate später Opi gestorben ist, wäre ich fast in meiner Trauer versunken. Die zwei waren meine wichtigsten Menschen. Meine Trauer war sehr vielschichtig und wandelbar.

Wie wir trauern, das kann sich von Mensch zu Mensch, von Minute zu Minute ändern. Viele berichten, dass ihre Trauer in Wellen kommt. So habe ich es auch erlebt. Und das ist sinnvoll und notwendig – wirklich permanenten, überwältigenden, vollumfänglichen Akut-Schmerz könnte kein Herz ertragen.

Zwischendurch kann es manchmal stunden- oder sogar tagelang ruhig sein. Wir erledigen Sachen, leben vor uns hin. Bis plötzlich ein Tsunami kommt – ausgelöst von einem Bild, einem Wort, einem Geruch – irgendetwas, das uns umreißt, wegspült und die Luft aus den Lungen presst. Dann hilft nur: ruhig bleiben, atmen, aushalten, mit der Welle schwimmen.

Jeder trauert anders

Wir haben nicht die gleichen Bindungsmechanismen und -fähigkeiten und leben in kulturell verschieden geprägten Verbänden und Gemeinschaften. „Deshalb zu erwarten, dass alle gleich mit einem Verlust umgehen, wäre ein Irrtum“, hat mir Autor und Trauerforscher Professor Hansjörg Znoj von der Uni Bern für einen ze.tt-Artikel bestätigt.

Auch die Sterbeamme, Bestatterin und Trauerbegleiterin Johanna Wilke hat mir erklärt, dass Trauer sehr individuell ist: „So einzigartig, wie jeder Mensch lebt, liebt und leidet, so einzigartig ist auch seine Trauer.“

Ich stelle mir Gefühle vor wie Schichten oder Lagen; es gibt immer mehrere zur gleichen Zeit, aber es sind eben nicht immer dieselben ganz oben.

Die trauernde Person kann sich in einem Augenblick erleichtert und im nächsten vom Schmerz überwältigt fühlen oder beides zugleich. Es gibt keine Faustregel. Jeder Mensch braucht das, was er braucht, um die Trauer zu verarbeiten. Und das dauert nun mal so lange, wie es eben dauert.

Was bei Trauer hilft

Die einfachste und zugleich wichtigste Regel zu Trost bei Trauer hat mir meine Freundin und Death Doula Alua verraten: „Einen Tag nach dem anderen. Jeder Weg ist okay. Einfach nur ein Tag nach dem anderen.“ Und manchmal geht sogar nur eine Minute nach der anderen.

Trauer braucht Zeit und Raum. Eine Weile gehört der Schmerz zum Alltag, in allen Formen. Es geht nicht ohne liebevolle Nachsicht und Geduld mit sich selbst.

Vor allem müsse man die Verlustreaktion ertragen und den Schmerz und die Einsamkeit aushalten lernen, so Professor Znoj. „Dabei darf man sich aber durchaus auch ablenken. Das sollte man sogar, weil dieser Prozess viel Kraft kostet.“ Also zum Beispiel Sport treiben, was Schönes unternehmen, verreisen, einem Hobby nachgehen, Lieblingsmusik hören und ja, auch tanzen.

Allerdings sollten wir darauf achten, dass wir die Trauer nicht verdrängen und dass der innere Prozess, die Anpassung an das Leben mit dem Verlust, passieren kann.

Zudem sollten wir Beziehungen pflegen, die uns gut tun. Und über den Verlust und den Verstorbenen sprechen, sich erinnern – an gemeinsame Geschichten, Freuden, Interessen.

Auch eine professionelle therapeutische Begleitung kann gut tun, Trost bei Trauer bieten, bei der Verarbeitung des Verlustes und der Anpassung helfen und sehr sinnvoll sein.

Aus Erfahrung kann ich sagen: Die Wellen werden mit jedem Mal ein bisschen kleiner, flacher und kommen seltener. Und jede Art zu trauern ist okay – Hauptsache, sie hilft dem Herzen beim Überleben.

Trost bei Trauer:

• Gefühle zulassen und aushalten, aber nicht versinken
• Schritt für Schritt, Moment für Moment, Tag für Tag
• Ein Netzwerk aus liebe- und verständnisvollen Menschen bilden
• Ablenken und aufbauen, aber nicht verdrängen
• Trotz allem ein Stückchen dankbar sein: tiefe Trauer ist ein Zeichen tiefer Liebe
• professionelle Trauer-Hilfe suchen


3. Warum Trauer und Tod zum Leben gehören

Natürlich ist Trauer an sich kein schönes Gefühl. Aber sie ist wichtig und gehört dazu. Denn ohne seelischen Schmerz würden wir uns nicht entwickeln. Und auch, wenn das keinen unmittelbaren Trost bei Trauer darstellt, ist es verdammt gut zu wissen, dass der ganze Schmerz für irgendwas gut ist.

Die Wissenschaftler Lawrence Calhoun und Richard Tedeschi haben untersucht, inwieweit Krisen Menschen reifen lassen – posttraumatisches Wachstum heißt dieses Phänomen. Der Begriff bezeichnet „die positive Veränderung als Ergebnis des Kampfes mit einer großen Lebenskrise oder einem traumatischen Ereignis“.

Die Entwicklung verläuft in drei Phasen: Während einer Krise fühlt sich alles schlimm und verwirrend an; Werte werden angezweifelt, alles wirkt sinnlos. Dann folgt der Versuch, im Geschehenen einen Sinn zu finden. Zuletzt bilden sich – basierend auf dem Erlebten – neue Werte; die Betroffenen finden oft wirklich einen neuen Sinn und sind dankbar.

Insgesamt hat seelischer Kummer laut Tedeschi und Calhoun bei den meisten Menschen zu einem höheren emotionalen Bewusstsein geführt. Die Psychologen haben auch untersucht, welche Formen dieses posttraumatische Wachstum annehmen kann. Das habe ich mal in einem Artikel zusammengefasst.

Hier die Punkte:

  • Mehr innere Stärke. Durch Leid und Not werden Werte geformt und auch getestet. Wer großen, emotionalen Schmerz und Lebenskatastrophen durchlebt hat, kennt sich selbst besser und steht fester im Leben.
  • Dazulernen. Es ist wie mit der heißen Herdplatte: Manchmal müssen wir Schmerz erst erleben, um ihn wahrhaftig zu begreifen – und künftig ähnliche Situationen zu meiden. Außerdem kann laut Resilienzforschung die Bewältigung von Trauer und Belastung dabei helfen, künftig besser damit umgehen zu können. Kritische Lebenssituationen können als eine Art Stress-Impfung betrachtet werden.
  • Mehr Mitgefühl. Wer aus eigener Erfahrung weiß, wie schlimm sich Trauer und tiefer Schmerz anfühlen, kann diese Gefühle bei anderen Menschen besser nachvollziehen und empathisch damit umgehen.
  • Dankbarkeit. Durch echte Krisen lernen wir, die Kleinigkeiten und positiven Dinge im Leben wirklich wertzuschätzen. Untersuchungen haben gezeigt, dass nach überstandenem Leid das gefühlte Glückslevel kurzzeitig ansteigt. Und zwar über das vorherige Level hinaus.
  • Mehr Nähe. Menschen, die ähnliches Leid durchgemacht haben, fühlen sich einander näher – vorausgesetzt, sie sind mutig genug, sich ihren Schmerz anzuvertrauen. Wer sich so öffnen kann, erlebt intensivere Bindungen und mehr Intimität.

Außerdem: Wer ständig glücklich und zufrieden ist, wäre gar nicht fähig, Glück als solches zu erkennen und zu empfinden – weil es der Normalzustand wäre. Vor allem aber wüssten wir ohne Schmerz überhaupt nicht, wer wir sind und wo unsere Grenzen liegen.

Kurz: Trauer macht uns zu besseren, stärkeren, mitfühlenderen Menschen.


4. Arten, auf die Verstorbene auch nach ihrem Tod noch da sind

Ich vermisse Omi und Opi noch immer jeden Tag und das wird auch so bleiben. Trotzdem oder gerade deshalb sind auf unerklärliche Art noch immer Teil meines Lebens.

„Menschen, die im Leben wichtig waren, bleiben es auch nach dem Tod. Wir dürfen mit ihnen immer in Verbindung bleiben“, hat mir der Berliner Bestatter Julian Heigel für einen Artikel erklärt.

So sind meine Großeltern noch bei mir:

  1. Ich höre ihren Rat. Omi und Opi haben beide nie mit ihrer Meinung hinterm Berg gehalten. Daher weiß ich, was sie dachten, höre ihre Stimmen in meinem Ohr und weiß dann auch, was zu tun ist.
  2. Sie trösten mich und geben mir Kraft. „Das Leben haut dir zwischendurch immer wieder einen Knüppel in die Beine, damit du nicht vergisst, wie schön das Schöne ist“, hat Omi mal gesagt. Wenn ich daran denke, geht das Leben oft ein bisschen leichter.
  3. Ich schütte ihnen mein Herz aus. Omas und Opas Tod fühlt sich an, als hätte ich beide Eltern und meine besten Freunde verloren. Wir haben endlose Telefonate geführt, über alles geredet. Das mache ich immer noch – und bilde mir ein, dass sie mich hören können. Ab und zu sitze ich an ihrem Grab und tue so, als säße ich in ihrem Wohnzimmer. Schräg, ja vielleicht, aber es tut mir nun mal gut.
  4. Sie bringen mich zum Lachen. In manchen Situationen kann ich noch immer ihre markigen Sprüche hören; wir haben uns so viel zusammen amüsiert. Dann wird mir kurz warm ums Herz.
  5. Ich fühle mich geliebt. Auch, wenn Omi und Opi nicht mehr leben: Die Liebe, die wir füreinander hatten, ist noch da. Die Menschen sind nicht mehr physisch anwesend, aber die Liebe verschwindet nicht. So ähnlich formuliert es auch der Trauerforscher Hans Znoj: „Wir können der verstorbenen Person verbunden bleiben, aber es braucht eine lange Zeit, bis wir keine bestätigenden Signale mehr erwarten.“

Das sieht auch Johanna Wilke so: „Der Tod beendet das Leben, aber nicht die Beziehung zu dem Verstorbenen und das ist für die meisten tröstlich. Natürlich muss jeder herausfinden, wie diese Beziehung auf veränderte Weise weitergelebt wird.“

Ob das nun artikulierte Gefühle, Anekdoten, Rituale oder Zwiegespräche sind – alles ist erlaubt.

Anemone Zeim macht Trauerberatung, betreibt eine Erinnerungswerkstatt und hat mir gesagt: „Man stirbt und verlässt damit die physische Welt. Aber man ist erst tot, wenn sich niemand mehr an einen erinnert.“

Die Erinnerung lebendig halten:

• Gespräche mit den Verstorbenen führen
• Mit Menschen reden, die sie kannten
• einen Stammbaum malen
• ein Fotoalbum oder eine Erinnerungskiste anlegen

All diese kleinen Dinge können ein wenig Trost bei Trauer bieten. Und jedes bisschen hilft.


5. Was wir vom Tod fürs Leben lernen können

Wir werden alle sterben, das verdrängen wir gern. So sehr ich den Tod – auch wegen meiner eigenen Krankheitsgeschichte – fürchte, so sehr bin ich ihm auch dankbar. Dafür, dass er meinem Leben Dimension und Schärfe verleiht, meine Perspektive korrigiert und mich stets daran erinnert: Das Leben findet in diesem Augenblick statt. Nicht damals, gestern oder nächste Woche. Jetzt.

Ich neige dennoch – wie wohl viele Leute – trotz besseren Wissens dazu, Dinge aufzuschieben. Aber was, wenn es „später“ gar nicht gibt?

Doch die permanente Beschäftigung mit der eigenen Vergänglichkeit versetzt uns auch in einen dauernden Alarmzustand exzessiven Lebenshungers, der nicht gesund, sondern auszehrend ist. So jedenfalls ging es mir nach der Bestrahlung und Chemotherapie. Es dauert, bis sich das wieder einpendelt.

Im Grunde lautet die entscheidende Frage: Was wollen wir sehen, wenn wir auf dein Leben zurückblicken? Genau das sollten wir angehen, wie ich für ze.tt geschrieben habe.

>> Weiterlesen: Was man zu Leuten mit Krebs (nicht) sagen sollte <<

Oft ist es dabei gar nicht das Spektakuläre, Große, das für Glück sorgt – auch, wenn diese Dinge natürlich erfüllend sein können. Was immer wieder aufs Neue glücklich macht, sind eher Kleinigkeiten mit großer Wirkung.

Was der Tod uns lehrt:

  • Vergeben. Jeder Mensch hat gute und weniger gute Anteile in sich. Die Welt ist nicht schwarzweiß. Bitterkeit macht das Herz schwer und düster und die einzige Person, die das spürt und darunter leidet, ist man selbst.
  • Einfacher leben. Was brauchen wir wirklich und was auch nicht? Ungelesene Bücher und ungetragene Klamotten zu verkaufen oder zu verschenken befreit.
  • Sich trennen. Nicht nur von Dingen, auch von Menschen und Gewohnheiten, die nicht gut tun, können wir uns verabschieden. Tschüss, Energievampir-Freundin. Adieu, Netflix.
  • Menschen treffen. Die Lehrerin, die uns damals inspiriert hat. Eine*n gute*n Freund*in, den*die wir lange nicht mehr gesehen haben. Aus eigener, trauriger Erfahrung kann ich sagen: keinen Tag zögern, einfach machen.
  • Um Hilfe bitten. Es ist kein Zeichen von Schwäche, Schwäche zuzugeben – im Gegenteil. Das Leben ist hart und ungerecht; keiner kann oder muss das immer alles allein bewältigen.
  • Neues wagen und lernen. Eine neue Sprache, eine Fähigkeit, ein Instrument, ein Gedicht, das Alleinsein, die Überwindung einer emotionalen Hürde – was auch immer die passende Herausforderung ist.
  • Inne halten und Augen öffnen. In der eigenen Stadt oder direkten Nachbarschaft umschauen, statt von der Ferne zu träumen. Was oder wen sehen wir, wenn wir wirklich genau hinschauen?

Also. Alles, was neugierig macht, das Herz bewegt, die Abenteuerlust kitzelt oder eine kleine Freude macht: ab dafür! Hier ist ein Video dazu.

Der Moment ist alles, was wir haben und der einzige Ort, an dem wir wirklich existieren. Wir leben nicht in der Vergangenheit oder Zukunft, wir leben jetzt.

Der Tod gehört zum Leben, hat auch Alua zu mir gesagt: „Wir können nicht wissen, was Freude ist, wenn uns Sorgen unbekannt sind. Wir können den Sonnenschein nicht wertschätzen, wenn es keinen Regen gibt. Der Tod lehrt uns zu leben. Er kann alles sofort in die richtige Perspektive rücken.“

Ja, Tod, Sterben und Trauer sind ein entscheidender Teil des Menschseins. Es hilft uns und anderen, wenn wir mutig genug sind, uns damit zu beschäftigten. Und wer offen und ehrlich mit sich und all seinen Gefühlen umgeht, findet letztlich auch leichter Trost bei Trauer.


6. Den eigenen Tod vorbereiten

Klingt morbide, ist aber das Liebevollste, das du für deine Angehörigen tun kannst. Je mehr vorher geklärt ist, desto besser und leichter für die, die zurückbleiben. Und auch für dich.

Menschen tun fast alles, um nicht an den eigenen Tod denken zu müssen. Das ist verständlich; im dauerhaften Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit lässt sich kein Leben leben. Trotzdem kann es gut sein, diese Angst zeitweise zu überwinden und schon als gesunder und junger Mensch für den eigenen Tod vorzusorgen.

Denn je mehr vorher geklärt, abgestimmt und geregelt ist, desto weniger Entscheidungen müssen getroffen, desto weniger Kämpfe mit Banken und Behörden müssen geführt werden – in einer Zeit, in der das Herz voller Trauer ist und jeder Schritt, jeder Gedanke schwer fällt. Wenn du deine Angehörigen, Familienmitglieder und Freund*innen liebst, dann ist es eine liebevolle Idee, für deinen Tod vorzusorgen.

Expertinnen aus verschiedenen Bereichen sagen, was es dabei zu beachten gilt.

Medizinische Vorsorge

Alles fängt an mit einer sogenannten Patient*innenverfügung. Darin ist festgelegt, wie du behandelt werden möchtest, wenn du selbst nicht mehr entscheiden kannst, weil du zum Beispiel im Koma liegst oder bewusstlos bist. Bei einem Herzstillstand beispielsweise hilft das den Notfallmediziner*innen dabei, zu entscheiden, wann sie mit der Wiederbelebung aufhören sollen oder ob sie grundsätzlich überhaupt gewollt ist.

„Krankheit und Unfälle können jeden treffen, auch junge Menschen“, sagt Angela Hörschelmann vom Deutschen Hospiz- und PalliativVerband. „Eine Patientenverfügung hilft, um sich gegen Behandlungen, die man unter bestimmten Umständen nicht mehr möchte, abzusichern oder um sicherzustellen, dass alles medizinisch Mögliche getan wird – wenn man zum Beispiel im Wachkoma liegt oder das Sterben unausweichlich ist.“

Wichtig seien vor allem Formulierungen zu der Frage, ob man lebensverlängernde Maßnahmen wünscht oder nicht: „Das sollte sehr klar beschrieben sein, damit die behandelnden Ärzt*innen dann wissen, was die*der Betroffene möchte und was nicht“, sagt Angela Hörschelmann. Sätze, wie: „Ich will nicht an Schläuche angeschlossen sein“ seien wenig hilfreich. Je präziser und persönlicher die Verfügung formuliert ist, desto besser. Willst du am Ende deines Lebens zum Beispiel Morphin gegen Angst und Atemnot bekommen, obwohl es dein Leben eventuell um eine gewisse Zeit verkürzen kann?

Die Vorlagen im Internet sind zumeist kompliziert und für Laien nicht ohne Weiteres zu verstehen. Es kann daher schlau sein, eine Patient*innenverfügung mit deinem*deiner Hausärzt*in zu besprechen und von ihm*ihr unterschreiben zu lassen. Aber auch Hospizdienste in der Nähe informieren zu diesen Themen und bieten Beratung an.

„Es ist wirklich sinnvoller, diese Angebote in Anspruch zu nehmen, als sich alleine durch komplizierte Formulare zu arbeiten“, sagt auch Angela Hörschelmann. Im Wegweiser Hospiz- und Palliativversorgung Deutschland findest du Adressen von Hospizdiensten und -einrichtungen in der Nähe.

Du kannst in einer Patient*innenverfügung auch festlegen, ob du in einem Hospiz oder zu Hause sterben willst. Das ist zwar keine Garantie dafür, dass das auch klappt – manchmal kommen das Leben oder medizinische Gründe dazwischen oder es geht alles zu schnell – aber auch hier nimmst du zurückbleibenden Menschen Entscheidungen ab, indem du deine Vorstellungen vom Sterben verschriftlichst.

„Man kann festhalten, was am Lebensende über die medizinische und pflegerische Versorgung hinaus gewünscht ist, beispielsweise die Begleitung durch nahe Angehörige und Freunde oder einen Seelsorger“, erklärt Angela Hörschelmann.

Das Allerwichtigste jedoch bei einer Patient*innenverfügung: Sie muss jederzeit verfügbar sein.

Sie nützt wenig, wenn sie in einer Schublade verstaubt und niemand im Notfall darauf Zugriff hat. Deshalb kann sie zum Beispiel immer im Portemonnaie stecken; vielleicht auch in Form eines Dropbox-Shortlinks auf einem laminierten Notfallkärtchen. Oder im Mail-Postfach deines Notfallkontaktes, der dann auf dem laminierten Notfallkärtchen steht.

Und eine Patient*innenverfügung allein reicht nicht; es gehören noch eine Vorsorgevollmacht und eine Betreuungsverfügung dazu. Mit einer Vorsorgevollmacht beauftragst du eine Person deines Vertrauens, deine Interessen wahrzunehmen, wenn du zum Beispiel aufgrund einer Erkrankung selbst dazu nicht mehr in der Lage bist. „Natürlich sollte man im Vorfeld mit der Person sprechen, die bevollmächtigt werden soll, um zu klären, ob sie das auch möchte“, sagt Angela Hörschelmann. „Sie sollte zudem wissen, was in der Patientenverfügung steht, damit sie diese Interessen später durchsetzen kann.“

Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung können extrem wichtig werden. „Wenn jemand seine Angelegenheiten – egal, aus welchen Gründen – nicht mehr selbst erledigen kann und es versäumt hat, eine Vorsorgevollmacht auszustellen, muss ein Betreuungsverfahren in die Wege geleitet werden“, erklärt die Anwältin für Erbrecht Cindy Bramke.

Das geschehe meist schon während eines Krankenhausaufenthaltes, es wird dann per Gericht ein*e Vertreter*in ernannt. Und es sei ein folgenschwerer Irrtum, anzunehmen, dass automatisch der*die Ehepartner*in zuständig ist, erklärt Expertin Cindy Bramke: „Es gibt kein gesetzliches Vertretungsrecht unter Ehegatten.“

Wenn du das alles wasserdicht haben willst – zum Beispiel, wenn familiäre Konflikte drohen – dann solltest du dich beraten und deine Dokumente beglaubigen lassen. Das ist allerdings nicht ganz billig.

Organisatorische Vorsorge

So ein Tod ist nicht das Ende, wie jede*r weiß, die*der mal eine Beerdigung organisieren musste. Auch hier gibt es unzählige Entscheidungen zu fällen: Welche Art der Bestattung soll es sein, eine Erd-, See- oder eine Feuerbestattung? Wo und wie möchte der*die Verstorbene beerdigt werden: Anonymes Grab oder Familiengrab? Welcher Stein? Welche Schrift? Was für Blumen? Welcher Sarg? Welche Lieder? Redner*in oder Geistliche*r? Wer soll kommen und wer auf keinen Fall? Was soll in der Traueranzeige stehen, sofern es eine gibt?

Je mehr dieser Fragen zuvor durch Gespräche beantwortet wurden, desto leichter kann es für die Menschen sein, die sich um alles kümmern. „Über diese Dinge muss geredet werden mit Menschen, die wichtig sind, aber auf jeden Fall mit der bestattungspflichtigen Person“, sagt Bestatterin Sarah Benz.

Allerdings muss auch nicht absolut alles vorherbestimmt sein. Denn das kann den Trauernden die Gelegenheit nehmen, selbst etwas beizutragen.

„Ich bin kein Fan davon, wenn Menschen im Voraus alles ganz genau festlegen und dann kein Gestaltungsspielraum für die Zugehörigen mehr bleibt“, meint Sarah Benz. Letztlich sind sie es, die die Trauerfeier erleben und Abschied nehmen. Also ist es nur fair, wenn sie auch mitgestalten können – sofern sie das wollen.

„Es ist mehr möglich, als viele Menschen wissen. Aber es kommt immer auf die handelnden Personen vor Ort an. Die Trauerfeier sollte zu dem Menschen passen, der verstorben ist und zu denen, die sich verabschieden“, sagt Sarah Benz. „Selbstbestimmt bestatten heißt für mich nicht, dass man alles machen muss – sondern, dass man Entscheidungen treffen kann, weil man informiert ist und Raum dafür bekommt.“

Vorschläge ergäben sich laut Sarah Benz häufig im Gespräch. „Manchmal purzeln dann kreative Ideen aus den Zugehörigen und es entstehen wunderschöne Rituale, an die sich alle gern erinnern. Denn eine Trauerfeier kann schön sein, trotz allen anderen Gefühlen, die da sind und da sein dürfen.“

Die Bestattung

Ein für dich und deine Hinterbliebenen geeignetes Bestattungsunternehmen erkennst du unter anderem an den Möglichkeiten der Mitgestaltung.

Einfach anrufen und nachfragen, rät Sarah Benz: „Ich würde immer fragen, ob es möglich ist, den Verstorbenen mit anzuziehen und in den Sarg zu legen. Wenn dann jemand rumeiert und es kein eindeutiges ‚Ja‘ dazu gibt, würde ich weitersuchen. Ich würde auch darauf achten, ob die bestattende Person mich fragt, was ich gern möchte – anstatt mir zu erzählen wie ‚es dann abläuft‘.“

Denn ein*e Bestattende*r sei laut Sarah Benz in erster Linie ein*e Dienstleister*in, die*der das umsetzen sollte, was sich die Angehörigen wünschen: „Menschen haben die Freiheit, jederzeit zu wechseln, wenn sie das Gefühl haben, diese Person ist nicht richtig für sie und ihre Bedürfnisse.“

Bestattungen können übrigens insgesamt recht kostspielig werden. Daher ist eine entscheidende Frage: Wie soll das bezahlt werden? Dafür gibt es zum Beispiel Sterbeversicherungen, aber auch die meisten Lebensversicherungen zahlen im Todesfall aus. Wichtig daher, wen du als Begünstigte*n eintragen lässt.

Rechtliche Vorsorge

Wenn jemand stirbt, bleibt mehr von ihm*ihr zurück als Pullis und Erinnerungen in den Herzen der Menschen, die ihn*sie geliebt haben. Abos, Konten, Verbindlichkeiten, Geld, Sachwerte. Und all das muss abgewickelt werden.

Das Allerwichtigste: Jemand braucht eine Vollmacht für dein Bankkonto, die im Todesfall gilt. Nur dann können zum Beispiel laufende Daueraufträge direkt gestoppt werden; eine reine Sterbeurkunde reicht meist nicht. Auch ein Testament kann sinnvoll sein, insbesondere dann, wenn du etwas zu vererben hast. Und einen Erbschein zu beantragen, kann Wochen oder sogar Monate dauern.

Vollmachten können tatsächlich ungeheuer viel Ärger und Zeit vermeiden – vorausgesetzt, sie sind korrekt ausgeführt und durchdacht. „Immer da, wo es familiäre Anspannungen gibt und Erbrechtsstreitigkeiten befürchtet werden, sollte man sich vorher anwaltlich beraten lassen“, so Cindy Bramke. „Als Rechtsanwältin für Vorsorgerecht empfehle ich, einen so genannten Bevollmächtigtenleitfaden anzufertigen. Aus dem kann der oder die Bevollmächtigte alle wichtigen Informationen über Ansprechpartner und Weiteres entnehmen.“

Das erspare allen Beteiligten viel Zeit und Kraft. „Rechtsstreitigkeiten sind nicht nur kosten- und zeitaufwendig, sondern gehen auch an die physische und psychische Substanz“, sagt Cindy Bramke. „Denn immer dann, wenn der Bevollmächtigte nicht personenidentisch mit den Erben des Vollmachtgebers ist, kommt es zu Konflikten.“ Die gebe es in Familien zwar grundsätzlich oft, aber sie werden wesentlich ausgeprägter, sobald es um Geld und Emotionen gehe.

Digitaler Nachlass

Auch in Sachen Internet gibt es im Todesfall Dinge zu erledigen, die du deinen Hinterbliebenen leichter machen kannst. Facebook will zum Beispiel nicht nur einen vorher ausgewählten Notfallkontakt, sondern auch die Sterbeurkunde sehen. Und selbst dann kann es dauern, bis das Konto abgeschaltet oder in einen Gedenk-Account umgewandelt wird.

„Der digitale Nachlass ist noch wenig im Blick. Er nimmt keinen Platz weg, ist zunächst unsichtbar“, sagt Birgit Janetzky, Expertin für digitalen Nachlass. Aber er existiert, und zwar theoretisch für immer. „Zu klären ist, was mit der Hardware passiert: Zugangsschutz, Datenorganisation auf dem Computer, auch zwischendurch mal nicht mehr benötige Dateien löschen.“

Außerdem die Fragen: Welche Onlinekonten existieren, welche davon sind wichtig und was ist damit zu tun? „Dazu gehört zum Beispiel Wertermittlung von Domains, Dinge wie PayPal und andere Dienstleister, das Kündigen oder Übertragen von Verträgen, das Löschen von Onlinezugängen“, sagt Birgit Janetzky.

Auch dafür bräuchten Nachlassverwalter*innen Vollmachten – und die kannst du vorher ausstellen.

„Ich persönlich nutze einen Passwortmanager. Das ist eine Software, alle Zugangsdaten sind geschützt durch ein Masterpasswort. Und einen digitalen Vertrags- und Nachlassmanager“, sagt Janetzky. Das helfe bereits zu Lebzeiten, den Überblick zu behalten und Dinge zu organisieren, zum Beispiel bei einem Umzug.

„Wenn ich sterbe, ist dort alles Wichtige erfasst, die Berechtigten sind definiert, Guthaben werden treuhänderisch abgewickelt“, sagt Birgit Janetzky. „Ich kann sogar definieren, wann bestimmte Konten gelöscht werden, ohne dass meine Angehörigen davon erfahren. Der Rest kann von dem definierten Berechtigten mit wenigen Klicks gekündigt werden.“

Von manuell geführten Listen mit Zugangsdaten in irgendwelchen Tresoren hält die Expertin nicht viel, da sich das nicht gut aktuell halten lasse. Alternativ ginge die Speicherung der Zugangsdaten auf einem USB-Stick – aber hier helfe einem niemand, Struktur in die Vorsorge zu bringen.

Weitere Infos findest du zum Beispiel auf einer Seite der Verbraucherzentrale. Doch der digitale Nachlass sei in vielen Fällen sehr komplex. „Laien kommen hier mit den Standardtipps schnell an ihre Grenzen. Da ist es gut, wenn man sich professionelle Unterstützung holt“, schränkt Birgit Janetzky ein.

Für den eigenen Tod vorzusorgen, das ergibt laut Janetzky nicht nur beim digitalen Nachlass Sinn: „Wer vorgesorgt hat, erspart den Angehörigen einige Rennerei, Schriftwechsel, Rätselraten über den vermutlichen Willen des verstorbenen Menschen. Die Menschen haben mehr Freiräume für die Trauer.“

Darum ist für den Tod vorzusorgen ein Akt der Liebe

Es ist ganz normal, nicht an den Tod denken zu wollen und Angst davor zu haben.

„Ich habe auch Angst vor dem Tod, obwohl ich beruflich viel mit ihm zu tun habe“, sagt auch Bestatterin Sarah Benz. „Ich glaube aber, den Ängsten vor dem Hinsehen und den Abläufen kann man etwas entgegensetzen: Offenheit, Transparenz, Licht – in einem Feld, in dem es oft dunkel und neblig ist. Ganz werden wir den Tod aber nie begreifen und vielleicht ist das ja auch eins der Geheimnisse des Lebens.“

Für deinen Tod vorzusorgen, ihm ab und an Raum zu geben, immer mal wieder mit Nahestehenden darüber zu sprechen und wichtige Dinge vorher zu regeln, kann tatsächlich ein bisschen Licht ins unendliche Dunkel bringen.

Und was zunächst morbide klingen mag, ist in Wahrheit ein Akt der Liebe – zu den Menschen, die dir am Herzen liegen. Genauso wie zu dir selbst.


7. Leseliste

Hier sind ein paar Artikel und Informationen zum Thema Hilfe und Trost bei Trauer, Tod und Schmerz, die ich im Laufe der vergangenen Jahre gesammelt habe.

Das passiert beim Sterben

Wie der Sterbeprozess abläuft und was Angehörige tun können, das steht hier.

Die Biologie des Todes – eine detaillierte Erklärung, wie Sterben im Körper verläuft, hat der SWR.

So sterben wir – hier ein aufschlussreiches MDR-Interview mit dem Autoren Roland Schulz, der sich mit verschiedenen Definitionen des Sterbeprozesses befasst hat.

Totenversorgung – der Berliner Bestatter Julian Heigel erklärt in diesem Beitrag ruhig und sehr klar, was eigentlich nach dem Tod und vor der Bestattung mit unserem Körper passiert.

Besser Sterben

Hier ein kurzer DLF-Report über Letzte-Hilfe-Kurse, die Menschen dazu in die Lage versetzen, ihre geliebten Angehörigen beim Sterben zu begleiten.

Wichtiger Beitrag eines US-Mediziners darüber, wann man den Tod lediglich hinauszögert und warum es so wichtig ist, Sterben zu akzeptieren (Englisch).

Wieso es gut tun kann, wenn wir uns mit unseren Toten beschäftigen, anstatt uns vor ihnen zu fürchten, steht in diesem Guardian-Artikel (Englisch).

Brauchen wir Todeskunde-Unterricht in der Schule? Palliativ-Medizinerin Jessica Nutik Zitter findet laut New York Times schon: „Man kann keinen guten Tod planen, wenn man nicht weiß, dass man stirbt“ (Englisch).

Das Wichtigste sei, Verdrängung und Angst in Schach zu halten, schreibt hier eine Palliativ-Pflegerin – dann wird Sterben ein wenig leichter (Englisch).

Warum sich Ärzte bisher oft nicht genug um Angehörige kümmern und weshalb sich das ändern sollte, wird hier gut erklärt (Englisch).

Vom Tod Lernen

Hier erzählt BJ Miller aus seiner Erfahrung, was am Ende des Lebens wirklich zählt (Englisch).

Und auch Oprah hat sich damit beschäftigt, was Menschen auf ihrem Sterbebett so alles bereuen (Englisch).

Organisatorisches

Digitaler Nachlass: Was passiert eigentlich mit dem ganzen Zeug im Internet, wenn man stirbt?

Bewegendes

Die Fotografin Nancy Borowick hat das letzte Jahr mit ihren beiden sterbenskranken Eltern in diesen unglaublich berührenden, persönlichen, liebevollen Bildern festgehalten (Texte dazu auf Englisch).

Diese anrührenden Fotos zeigen, wie der Tod wirklich aussieht (Text auf Englisch).

Und schließlich: Wie das Reden über Trauer, Tod und Sterben hilft, steht hier beim Guardian (Englisch).

Ich hoffe, dieser Text hat ein bisschen Trost bei Trauer gebracht. Es ist schwer, aber es wird besser. Versprochen. <3


Hier weitere Texte zum Thema:


 

PS: Ich bin freie Autorin und Studentin und das Betreiben dieses Blögchens kostet – genau wie alles andere im Leben – ein wenig Geld.Wer also mag, kann hier via BuyMeACoffee ein bisschen Trink-, äh, Schreibgeld dalassen. Dankeschön! <3

 

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