Ob Zugehörige*r oder Patient*in – manchmal möchte man den Menschen, die sich professionell kümmern, ein Dankeschön mitgeben. Nur wie? So gelingt das Danke an Pflegekräfte.

Aus persönlicher Erfahrung – sowohl als ehemalige Krebspatientin als auch als Angehörige von schwer pflegebedürftigen Menschen – weiß ich, wie wichtig gute, hochprofessionelle Pflege ist. Und wie unterschiedlich Dank aussehen kann.

Was in diesem Text steht:

1. Meine persönliche Erfahrung als Angehörige

2. Was Menschen in der Pflege wollen und sich wünschen

3. Wie man Pflegenden aufrichtig Danke sagen kann

 

1. Meine Erfahrung als Angehörige

Nachdem Oma gestorben war, war Opas Versorgung im Pflegeheim – wo er 2017 nur sieben Monate nach Omi auch gestorben ist – noch ein Stück wichtiger. An manchen Tagen hat er mir sogar davon erzählt.

„Heute war eine Schwester bei mir im Zimmer, ich kannte sie nicht. Aber sie sagte, dass sie mich kennt“, sagte Opi mal am Telefon zu mir.

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Er nuschelte wieder ein bisschen. Und ich war wie jedes Mal froh, wenn er zusammenhängende Geschichten vorbrachte.

„Die kommt wohl von oben oder was, ich weiß nicht. Jedenfalls sagte sie, dass sie mich kennt. Und sie kam an mein Bett und hat ihr Gesicht an meins gelegt.“

Keine Selbstverständlichkeit

Mein Herz rutschte in den Bauch. Diese kleine, liebevolle Geste muss Opa glücklich gemacht haben, sonst hätte er sich diese Episode nicht gemerkt – geschweige denn, sie mir erzählt. Und ich freute mich sehr darüber.

Es sind diese Kleinigkeiten, die einen großen Unterschied in der Pflege und im Leben der Patient*innen machen. Und sie sind absolut keine Selbstverständlichkeit.

Pflegende kümmern sich jeden Tag – auch an Wochenende und Feiertagen – in Pflegeheimen, Krankenhäusern und anderen Einrichtungen um Kranke und Hilfebedürftige und leisten unter erheblichem Druck hochprofessionelle Arbeit.

>> Du willst Pflegefachpersonen Danke sagen? Hier ist ein Gedicht dafür! <<

Ich habe schon 2014 darüber geschrieben, warum professionelle Pflege Wertschätzung, Dank und noch viel, viel mehr verdient. Deshalb hier noch mal die wichtige, zeitlose Anekdote aus „Wir geben Opa nicht ins Heim!“:

Danke an Pflegekräfte

„Ich habe keine Lust mehr, Kekse zu backen!“ Oma rückt sich resolut die Brille zurecht. „Und ich mache jetzt nur noch, worauf ich Lust habe. So. Da hast du’s!“ Ihre neue Abgrenzung begrüße ich sehr – immerhin hat Oma ihr ganzes Leben immer mit weit offenem Herzen für andere gesorgt und wäre dabei selbst fast zerflossen – aber jetzt geht es nicht einfach nur um Kekse. Es geht um ein Dankeschön.

Seit Juli ist Opa im Pflegeheim und ich möchte mich bei den Menschen bedanken, die sich Tag und Nacht um ihn kümmern. Er ist kein einfacher Charakter, das war er nie. Er hat Probleme, seine Gefühle auszudrücken. Er weiß noch nicht mal, was er fühlt. Das ist vielen Männern seiner Generation eigen. Der Krieg hat ihre Herzen verdorren lassen. Sie wären sonst zugrunde gegangen.

Opa macht keine Komplimente, er bedankt sich selten. Sein Ton ist knapp und befehlsartig – oder wie er sagt: „Hart, aber herzlich.“ Er schwelgt nicht in alten Geschichten. Er ist keiner von den drolligen Großvätern mit weißem Flauschhaar und Pullunder aus der Bonbon-Werbung.

Er ist ein zahnloses, schrumpliges Menschlein in T-Shirt und Windel, aus der dauerhaft ein Urinschlauch ragt. Er ist ängstlich, verwirrt und ungeduldig. Früher hat er gern gesungen und Witze gemacht. Aber Parkinson hat seine Stimme verschluckt, Demenz hat seinen Humor gefressen. Meistens, jedenfalls.

Und obwohl Opa oft unabsichtlich anstrengend ist, sind die Pfleger und Pflegerinnen lieb zu ihm. „Komm‘, wir tanzen Tango!“ sagt der Auszubildende, wenn er Opa auf den Toilettenstuhl hilft. Das bezaubernde Mädchen streichelt ihm noch mal über die Füße, wenn sie ihm das Abendbrot gebracht hat und lächelt warm. Die Betreuerin spielt mit ihm das speziell für Ältere geeignete Mensch Ärgere Dich Nicht.

Der große Pfleger bleibt ruhig und besonnen, wenn Opa sich wegen seiner Tabletten aufregt und die Zusammenhänge nicht versteht, und kümmert sich um alle organisatorischen Belange. Die ältere Pflegefachkraft rennt unermüdlich über die langen Flure und hat trotzdem immer ein offenes Ohr für die Familie und all unsere Fragen.

Es ist nicht perfekt. Wie auch? Die Personaldecke in Pflegeheimen ist deutlich zu dünn, die Bezahlung schlecht, die Arbeit hart, es bleibt oft wenig Zeit. Dinge rutschen durch und gehen daneben. Vergessene Tabletten, nicht geleerte Katheterbeutel und WC-Eimer, ein Apfel für den Zahnlosen.

Und trotzdem sind es die kleinen Gesten der Menschlichkeit, die die letzte Zeit seines Lebens für meinen Opa angenehmer machen. Ein Lächeln, ein paar beruhigende Worte, ein liebevolles in die Decke einwickeln, eine Hand in einer anderen.

Dies geht darum raus an alle Pflegefachkräfte, an alle Schwestern und Pfleger, an alle Ärzt*innen, Therapeut*innen und Betreuer*innen – nicht nur in Opas Heim, sondern überall:

Ohne euch ginge nichts. Ihr seid unsagbar wichtig für diese Gesellschaft. DANKE. Danke für jede liebevolle Geste, für jede Extra-Minute, für jedes beherzte Eingreifen, für euer Wissen, eure kräftezehrende, großartige Arbeit und Professionalität.

Ich nehme Omas Hand und grinse. „Okay, hier kommt ein Vorschlag: Ich backe und du gibst mir Anweisungen. Weißt du, Omi, die im Heim freuen sich bestimmt über Kekse. Ein kleines Danke an Pflegekräfte kann nicht schaden.“
„Ja, die sind wirklich alle sehr nett zum Opa, das muss ich schon sagen.“

Und dann hat Oma doch wieder ein bisschen Lust zu backen.

Oma ist im September 2016 gestorben und Opa folgte ihr im April 2017. Ich wusste die beiden trotz Kommunikationsproblemen meistens in guten Händen. Unsere Schwierigkeiten lagen damals hauptsächlich im Austausch mit der Einrichtungsleitung. Ich sage darum auch nach ihrem Tod noch mal ausdrücklich Danke an Pflegekräfte. <3

[Lest auch: Alle Briefe, die ich nach ihrem Tod an meine Omi geschrieben habe]


2. Was Pflegefachkräfte wirklich wollen

Es gibt einen Riesen-Unterschied zwischen einem persönlichen Dankeschön an Menschen, die in der Pflege arbeiten und politischen Lösungen.

Das erste sind individuelle Gesten; das zweite notwendige strukturelle Veränderungen, die besonders durch die Corona-Pandemie brutal zu Tage treten. Pflegenotstand gab es schon vor Covid.

Anders gesagt: Es ist schön, wenn Erna Kasuppke mit Keksen vorm Klinikum steht – bei Leuten wie Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sieht das allerdings anders aus.

Danke sagen ist das Eine, echte Wertschätzung für einen Beruf das Andere.

Deshalb habe ich über Twitter Menschen in Pflegeberufen direkt und explizit gefragt, was sie sich selbst eigentlich wirklich im Job wünschen. Das haben sie geantwortet:

Bessere Bezahlung:

Grundsätzlich klar – aber zusätzlich auch Ausgleichszahlungen fürs Einspringen und höhere Schichtzulagen, besonders nachts. Idee: Boni für besonders gute Pflege. Sehr spezifische Anreize in Sachen Bezahlung zu schaffen, das war vielen wichtig.

Aus- und Weiterbildung:

Auch ältere Pflegefachpersonen weiterbilden und die Ausbildung verbessern; Azubis sollen keine vollen Kräfte ersetzen. Dazu verpflichtende Fortbildungen für Führungskräfte und Entwicklungs-Möglichkeiten und Perspektiven. Und den Pflegeberuf als praxisorientierten Studiengang etablieren. Insgesamt wünschen sich viele Menschen im Pflegebereich, dass die Aus- und Fortbildung durch Gesetze klarer geregelt wird.

Höheres Ansehen:

Weg von medizinischer Assistenz, hin zum eigenständigen Beruf mit eigener Verantwortung. Und die Darstellung des Jobs in den Medien sollte verbessert werden. Das kann beispielsweise heißen: Nicht immer nur die Horror- sondern auch mal die schönen Geschichten aus der Pflege erzählen.

Weniger Bürokratie, mehr Technologie:

Die Dokumentation papierlos machen, zum Beispiel per Pad mit einfacher Nutzeroberfläche und Touchscreen. Roboter zur Überwachung von kritischen oder demenziell erkrankten Patient*innen und als Hebehilfe einsetzen. Außerdem die Zusammenarbeit von Krankenhaus- und Heimpflege vereinfachen und verbessern. Fazit: Die Digitalisierung der Pflege vorantreiben. Hier ist ein Artikel darüber, was KI (künstliche Intelligenz) in der Pflege bringt.

Bessere Arbeitszeiten und mehr Personal:

Klare Zuständigkeit für eine überschaubare Anzahl zu Pflegender und kein ständiger Wechsel von Stationen. Da könnte zum Beispiel Bezugspflege sinnvoll sein. Und einen Betreuungsschlüssel von 1:5 (derzeit zum Teil nachts 4 zu 150!) festlegen.

Ein verlässlicher Dienstplan, mit dem länger als einen Monat im Voraus geplant werden kann, wäre wünschenswert. Und nicht ständig und jederzeit einspringen müssen. Auch ein Entgegenkommen in der Kinderbetreuung oder bessere Teilzeitmodelle für Mütter wären super. Neue Arbeitszeitmodelle könnten dabei helfen, den Schichtdienst zu entzerren. Auch eine Bettensperre bei Personalmangel wäre eine Möglichkeit, den Stress zu mindern und die Qualität zu gewährleisten.

Das Rentenalter von 67 in der Pflege finden viele wegen der physischen und psychischen Belastung grotesk; sie plädieren für Rente mit 60 bzw. nach 40 bis 45 Dienstjahren.

Und vor allem nicht mehr so viele Zeitarbeitskräfte einsetzen – stattdessen lieber Hilfs- und Assistenzkräfte, die einfache Aufgaben übernehmen (Lager-/ Wäschewagen auffüllen etc.) und dadurch für Entlastung sorgen.

Fazit:

Kekse, Danke und liebe Worte sind wichtig, schön, gut und richtig.

Noch 10.000 mal wichtiger allerdings ist es, dass wir als Gesellschaft Pflegeberufe endlich als das ernst nehmen, was sie sind: hochspezialisierte, anspruchsvolle Tätigkeiten mit enormer Belastung und großer Verantwortung.

Hier in diesem Text wird der Alltag in verschiedenen Bereichen der Pflege super erklärt.

Langfristig müssen wir auch die Arbeitsbedingungen, Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Pflegende verbessern.

Denn Respekt ist das größte Danke an Pflegefachpersonen.


3. So kann jeder Danke an Pflegekräfte sagen

All das steht nur leider natürlich nicht unmittelbar in der Macht von Patient*innen und Angehörigen. Und manchmal wollen die eben ein ganz persönliches Dankeschön für besonders gute Arbeit loswerden. Das ist auch okay, es muss nicht immer die ganze Welt auf einmal gerettet werden.

Darum habe ich mich noch mal auf Twitter umgehört und Menschen in der Pflege gefragt, was ihnen im Arbeitsalltag als Dankeschön eine Freude wäre. Das hier sind die Antworten:

Auf der Intensivstation sind wegen des hohen Stresspegels und des Zeitmangels Süßigkeiten als Dankeschön sehr beliebt:

Es geht auch nichts über den sichtbaren, nachhaltigen Erfolgsbeweis. In der Pflege bedeutet das: Patient*innen geht es besser. Oft bekommen das Pflegende wegen des Stresses aber gar nicht mit. Deshalb ruhig später noch mal vorbeikommen, hallo und Danke sagen.

Klare, gute Kommunikation zwischen Patienten, Angehörigen und Pflegefachkräften ist simpel, aber sehr wichtig – nicht nur für die Pflegebedürftigen.

Auch ehrlich gemeintes Lob und ein Danke, das von Herzen kommt, tun immer gut:

Und was eigentlich auch immer geht, wie hier in der ambulanten Pflege – ein bisschen Zeit, gern bei einem gemeinsamen Tässchen Kaffee. Also, sofern es sich einrichten lässt.

 

Oh, und dann ist hier übrigens auch noch ein kleines Gedicht, das ich geschrieben habe und das mit diesem Link auch runterladbar und ausdruckbar ist. Falls die eigenen Worte nicht so leicht fallen sollten.

Und nein, das gilt nicht für Andi Scheuer.


Und wer jetzt noch immer nicht sicher ist, was er als Danke an Pflegekräfte für ein Geschenk machen soll oder die ganze Geschichte von Omi und Opi, ihren Weg ins Pflegeheim und die Kraft der Liebe lesen will, der kann hier das Buch Wir geben Opa nicht ins Heim – unser Jahr zwischen Wunsch und Wirklichkeit bestellen. Ich würde mich freuen. <3


Hier sind noch mehr Texte zum Thema Pflege als Angehörige:


PS: Ich bin freie Journalistin, Autorin und Studierende und das Betreiben dieses Blögchens kostet – genau wie alles andere im Leben – ein wenig Zeit und Geld. Wer also mag, kann hier via BuyMeACoffee ein bisschen Trink-, äh, Schreibgeld dalassen. Dankeschön! <3

 

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