Dieses Gespräch zwischen mir und einem älteren Bekannten über Rechtspopulismus und Politik hat vor rund einem Jahr im Privaten wirklich stattgefunden. Ich halte es für symptomatisch.
Ich: „Gehst du wählen? Wählen ist wichtig.“
Er: „Ja, aber diesmal wähle ich die Rechten.“
Ich „Huch! Aha. Und warum das?“
Er: „Weil ich die Schnauze voll hab‘.“
„Wovon denn?“
„Na, von allem!“
„Und das heißt?“
„Ja, hier… die verarschen uns doch nur.“
„Wer sind ‚die‘?“
„Na, die Politiker natürlich.“
„Verstehe. Und womit genau verarschen sie uns?“
„Mit allem. Hier, der Kanake, der in der Straße wohnt. Der fährt so ein fettes Auto. Und ich? Ich muss um jeden Pfennig vom Staat kämpfen und betteln. Ich kann doch nichts dafür, dass ich nicht mehr arbeiten kann. Ich bin einfach körperlich kaputt.“
„Da kann aber auch dein Nachbar nichts dafür, oder?“
„Nee. Aber diese Karre… Das ist nicht gerecht. Der kommt hierher und fährt so einen Wagen.“
„Aber du weißt doch gar nicht, wie er zu dem Wagen gekommen ist. Vielleicht ist sein Lieblings-Onkel gestorben. Vielleicht hat er hart gearbeitet und gespart und auf andere Dinge verzichtet. Vielleicht hat er sich das Geld nur geliehen. Oder im Lotto gewonnen. Oder alles verkauft. Du weißt es einfach nicht.“
„Trotzdem.“
„Gut. Was wäre denn, rein theoretisch, würden wir in einer Welt leben, in der alle mehr oder weniger das Gleiche hätten. Also, wenn du ein ähnlich fettes Auto hättest wie dein Nachbar. Würdest du dann auch noch Rechte wählen?“
„Nö.“
„Das heißt, du hast im Grunde kein Problem damit, dass dein Nachbar Ausländer ist – sondern damit, dass er mehr hat als du bzw. das, was du auch gern hättest. Und mehr, als er deiner Meinung nach verdient, im Vergleich zu dir?“
„So ungefähr.“
„Also ist dein Thema im Grunde ja soziale Gerechtigkeit, oder?“
„Kann schon sein.“
„Dann würde ich glaube ich vorschlagen, dass du dein Kreuzchen bei den Linken machst.“
Startseite » Blogposts » Mein Leben »
Ich versteh‘ nicht, warum die Menschen so neidisch aufeinander sind. Man sollte einfach mit dem Vergleichen aufhören und sich an dem erfreuen, was man hat, statt nur zu sehen, was man nicht hat.
In einer Leistungsgesellschaft ist es wichtig, sich schlechter als andere zu fühlen. Wer zufrieden mit sich und seinem Leben ist, ist nicht mehr bereit, mehr und immer mehr zu leisten. Haben wir vielleicht deswegen den Neid kultiviert?
Wer ist „wir“? Ich habe den Neid nicht kultiviert. 😉
Außerdem gibt es auch Leute, denen ihr Job einfach Spaß macht. Das ist die beste Motivation.
Interessante These und hört sich auch sehr nachvollziehbar an. Wie dumm nur, dass es auch noch ein paar zufriedene Menschen gibt.
Ich bin beispielsweise meistens ein sehr zufriedener Mensch. Auch, wenn die Umstände es mir nicht immer ganz leicht machen.
Jessica, das empfinde ich als eine sinnvolle Einstellung. Wenn wir es schaffen, Umständen, die wir oft nicht ändern können, keine allzu große Macht über unsere Stimmung einzuräumen, haben wir gewonnen. (Das ist manchmal einfacher gesagt, als getan; aber der Gedanke zählt. 😉 )
Hehe, ja so Szenen kenne ich. Aber meistens bleiben die Leute dann doch bei ihrer „Meinung“, die eigentlich nur eine Sammlung an Befindlichkeiten ist. Befindlichkeiten sind auch gar nicht falsch, wie ich finde – wenn man sie zum Anlass nimmt, nachzudenken, was einem wichtig ist. Wie ja im Post oben dann von außen angestoßen.
Wer seine Stimme vergeuden will, kann immer noch „Die Partei“ wählen. Ist dann zwar vergeudet, aber weniger vergeudet wie Nichtwählen und weniger schädlich wie Rechts.
Wie hat er auf diesen Vorschlag reagiert? 😉
Mit Schweigen, leider. Und ich glaube, letztlich ist er doch nicht wählen gegangen.
Besser nicht wählen als „die Rechten“. 😉
@Peter: Nicht wählen ist leider auch den Rechten in die Hände spielen. Die gehen nämlich wählen und je weniger Leute nicht wählen gehen, desto mehr zählen die Stimmen der Extremisten, die gehen (falls das jetzt wirr ist: Ich bekomme gerade eine fiese Grippe)
Jessica, ich kenne diese Gespräche leider zu gut. In meiner eigenen Familie. Und ich bin mit einem Türken verheiratet. Pf.
@Aurora, wenn er gewählt und seine Stimme „den Rechten“ gegeben, hätte das „den Rechten“ noch mehr in die Hände gespielt. Einfaches Rechenexempel. 😉
@Peter: Mist, den Zusatz „die Rechten wählen“ habe ich prompt überlesen. War noch vor dem Kaffee….
@Aurora, das kenne ich. Ich habe ja selbst ein „hätte“ vergessen. 😉