Wer alleine als Frau reisen will, muss sich oft einiges anhören. Und hat auch mit eigenen Zweifeln zu kämpfen. Hier meine Einschätzung und meine Sicherheitstipps.
„Hast du denn gar keine Angst, ganz alleine zu verreisen? Das ist doch bestimmt total gefährlich!“ So oder so ähnlich klangen etliche Menschen vor, während und auch noch lange Zeit nach meiner Weltreise. Immer wieder.

Als wäre alleine reisen als Frau das Irrsinnigste, Riskanteste und Abwegigste überhaupt.

„Ja, das ist sogar ziemlich sicher gefährlich. Aber das ganze Leben ist gefährlich und endet oft sogar mit dem Tod!“, lautet meine lakonische Standard-Antwort darauf. Jedenfalls meistens.

Nach meiner überstandenen Krebserkrankung und den anschließenden Behandlungen habe ich mir ein Herz gefasst und sechs Monate lang ganz alleine all die Orte bereist, die ich schon immer sehen wollte.

Angefangen bei den Straßenschluchten von New York über Gumbo, Grusel, und unglaubliche Musik in New Orleans oder eine Strandhütte in Mexiko, mehreren Abenteuern und einer lebensverändernden Begegnung auf Kuba bis hin zu schillerndem Karneval in Rio, Tango in Buenos Aires und stinkigen kleinen Pinguinen und Knutschen bei Vollmond in Südafrika.

Meine Weltreise gehört zu den grandiosesten, bereicherndsten, unvergesslichsten und verrücktesten Erfahrungen meines bisherigen Lebens. Alleine zu reisen, statt auf Kur zu gehen – das war für mich damals die allerbeste und richtigste Entscheidung ever.

Alleine reisen als Frau
Alleine reisen als Frau | © J. Wagener

Andererseits ist so ein weltumspannender Rucksacktrip selbstverständlich kein sonniger Sonntags-Spaziergang im Park. Naiv und blauäugig daranzugehen ist keine gute Idee.

Vor allem Frauen, weiblich gelesene Personen und marginalisierte oder mobilitätseingeschränkte Menschen sehen sich oft mit sehr speziellen Gefahren- und Bedrohungssituationen konfrontiert. Das ist übel, falsch und gehört abgeschafft. Ich hege ja die heimliche Hoffnung, dass diese Welt eines fernen Tages vielleicht doch noch ein Ort wird, an dem sich alle Menschen angst- und barrierefrei im öffentlichen Raum bewegen können.

Doch auch, wenn Sicherheit beim alleine reisen definitiv ein Thema ist – es ist trotzdem alles irgendwie machbar.

Mein Sicherheitsplan fürs alleine reisen als Frau fußt auf vier Säulen:

  • Information
  • gesunder Menschenverstand/ Vernunft
  • Bauchgefühl
  • Glück

Hier also mein persönlicher Plan zum alleine reisen als Frau:

Das kann für andere Menschen ganz anders aussehen. Aber bei mir hat’s so funktioniert.

Informieren: Bevor ich einen Ort bereise, lese ich mich ein. Und zwar gründlich. Das Auswärtige Amt hat zum Beispiel immer aktuelle Sicherheitsinformationen, die einen recht guten Überblick darüber geben, was man tun und grundsätzlich lieber lassen sollte.

Vor Ort frage ich zusätzlich auch immer die Menschen, die dort leben, nach ihrer persönlichen Einschätzung. Zum Beispiel Leute an der Hostel-Rezeption. Sie kennen sich schließlich am allerbesten aus und wissen, was und wo es einigermaßen sicher ist – und was man im Zweifel doch lieber vermeiden sollte. Trinkwasser aus der Leitung trinken, nachts an den Strand gehen und so weiter.

Klug sein: Außerdem benehme ich mich nicht wie eine Vollidiotin. Also, meistens nicht. Anders gesagt: Ich renne nicht rotzevoll und schmuckbehängt wie ein Weihnachtsbaum mit einem nigelnagelneuen iPhone wedelnd durch das Amüsierviertel Rios oder nehme viel Bargeld plus Kreditkarte in einer schicken Tasche mit an den Strand – das habe ich bei anderen Mitreisenden erlebt, hat leider kein allzu Gutes Ende gefunden.

Ich mäandere ebenfalls nicht nach Einbruch der Dunkelheit allein durch die Straßen von Kapstadt. Die zugrunde liegenden gesellschaftlichen, strukturellen Probleme und sozialen Ungerechtigkeiten kann und muss man definitiv anprangern – allerdings an anderer Stelle. Hier soll’s ja ums Reisen gehen.

Instinkt: Wenn ich ein ungutes Gefühl habe, höre ich immer darauf. Uneingeschränkt. So ein mulmiges Bauchgefühl ist im Grunde nämlich nur die Reaktion auf blitzschnellen Zugriff auf sehr viele unterschiedliche, ganz tief hinten im Gehirn abgespeicherte Erfahrungswerte und Informationen.

Hier ein kleines Beispiel von meiner Weltreise: Einmal war ich mit einer sehr netten, illustren Gruppe von Leuten nachts in Rio de Janeiro unterwegs zurück zum Hostel und marschierte fröhlich vorneweg. Wir kamen an eine Kreuzung in Ipanema. Plötzlich wurde mir unerklärlicherweise flau im Bauch, die Härchen an meinen Armen richteten sich auf. Alles an mir war auf einmal alarmiert – ohne ersichtlichen Anlass. Spontan und aus dem Bauch heraus entschied mich für einen Umweg und kommunizierte das den anderen auch: „Leute, es klingt verrückt, aber bei dem Weg da vorn ist mir ganz und gar nicht wohl.“ Das war dann glücklicherweise auch für alle sehr okay.

Glück: Letztlich hatte ich bisher auch schlicht viel Glück beim alleine reisen als Frau, für das ich mit jedem Molekül sehr, sehr dankbar bin. Ich habe viel Gutes erlebt, das hat mich mutiger gemacht. Oder wie es die amerikanische Autorin Kristin Newman, die unter anderem schon ganz allein als Frau nach Südamerika, Israel und Island gereist ist, in diesem Artikel formuliert:

„I feel so safe everywhere I go now because I trust my instincts and because I think being able to maneuver all those places is such a powerful thing to give yourself as a woman.“

Newman hat absolut Recht. Als weibliche Person den öffentlichen Raum und die ganze Welt zu beanspruchen, das ist schon fast ein subversiver Akt.

Alleinsein lässt sich üben

Immer noch ängstlich? Okay, dann hier mein absoluter Pro-Tipp fürs alleine reisen als Frau: klein anfangen.

Bevor ich allein auf Weltreise gegangen bin, habe ich erstmal das Alleinsein (woanders als zu Hause) getestet und geübt. Kino- und Restaurantbesuche alleine, ein Wochenendtrip alleine, eine Woche Korfu alleine… und so weiter. So habe ich mich daran gewöhnt und Selbstvertrauen gewonnen. Ich wusste dann, dass es funktioniert und auch zu mir passt. Alleinreise-Training quasi!

Auch wichtig fürs Hinterköpfchen: Hostels sind häufig besser als ihr Ruf. Ich mag sie nicht nur deshalb, weil sie günstig sind – sondern auch, weil sich hier das Maß an Kontakt gut steuern und anpassen lässt. Wer will, findet meist schnell Anschluss und Freundschaften. Wer hingegen nicht möchte, kann auch prima alleine und für sich bleiben. Die Option habe ich in Hotels so nicht erlebt. Und klar ist in Hostels der Anteil an jungen, trinkfreudigen Menschen sehr hoch, aber es gibt auch gar nicht wenige Menschen oder Paare über 30, 40, 50, die diese Art zu Reisen bevorzugen.

Zudem gibt es in den meisten Hostels inzwischen auch reine Frauen-Dorms. Doch auch hier hatte ich meine Unterlagen sicher verstaut, ein Schloss an meinem Rucksack und zusätzlich ein Schloss am Spint, in dem der Rucksack verstaut war.

Irgendwas ist immer

Ganz und gar unbeschadet bin ich auf meiner großen, sechsmonatigen Weltreise trotz allem nicht davongekommen.

In Rio habe ich aus Zeitnot und in Ermangelung erreichbarer Alternativen einmal abends an einem Tankstellen-Geldautomaten Bargeld abgehoben. Grober Fehler. Normalerweise bin ich immer brav und vorbildlich zu den offiziellen Öffnungszeiten in die sichere Filiale gegangen. Dieser eine einzige Ausrutscher hat dazu geführt, dass meine Kreditkarte geskimmt wurde. Und ich sie sperren lassen musste. Weshalb ich erstmal eine ganze Zeit ohne Kohle dasaß. Unangenehm.

Dankenswerterweise ist mir das Hostel entgegengekommen und Freund*innen haben mir Geld per Western Union geschickt. Auch die Bank hat mir sehr geholfen und war entgegenkommend. Es ist also alles glimpflich ausgegangen. Puh! Der damit verbundene Stress wäre aber voll vermeidbar gewesen.

Allerdings sei an dieser Stelle auch angemerkt: Den allerersten (und bisher zum Glück einzigen) Handtaschenraub habe ich übrigens in der U-Bahn in Berlin-Friedrichshain beobachtet. Tja.

Langeweile? Haha.

„Und, ist das denn gar nicht langweilig so alleine?“, lautet dann häufig die zweite Frage, wenn Leute von meiner Weltreise oder meinem Interesse am Alleinreisen hören.

Nein, antworte ich dann immer. Ganz im Gegenteil. Ich kann wunderbar mit mir alleine sein und genieße das sehr. Ich mag mich selbst und meine Gesellschaft. Mir ist wirklich niemalsnie langweilig. Ich weiß gar nicht mehr, wie das geht.

Was ich am alleine reisen so liebe, ist die Entscheidungsfreiheit: Pizza oder Sushi, bleiben oder weiter, Ausflug oder Strand? Ich will spontan entscheiden können. Und alleine muss mich mit keiner Menschenseele absprechen. Morgens aufwachen und dann in den Tag hineinleben. Hemmungs- und reibungslos Pläne umwerfen, ganz ohne Diskussion, Verhandlung, Kompromisse. Ich möchte neue Freundschaften schließen oder mich komplett einigeln, wie es mir beliebt. Absolute, uneingeschränkte Freiheit. Herrlich!

Natürlich kann es auch wundervoll, beglückend und schön sein, besondere Erlebnisse mit einer anderen Person zu teilen und gemeinsame Erinnerungen zu schaffen. Dagegen ist absolut nichts einzuwenden. Das ist für mich aber eine andere Art zu reisen. Eben mit anderen Vorzeichen und Bedingungen.

Wenn ich die Welt erkunden möchte, würden andere Menschen – Mitreisende – nicht nur meine Entscheidungs- und Erlebnis-Freiheit einschränken. Ich könnte mich auch weniger auf die Sinneserfahrungen und Eindrücke konzentrieren. Am besten entdecke ich Städte zum Beispiel, indem ich sie mir „erlaufe“ und mich vollkommen in allem verliere, was ich sehe, rieche und fühle. Ich möchte genug Zeit haben, um mich in einem Hinterhof umzuschauen. Ohne, dass am Tor jemand steht und augenrollend mit den Füßen wippt. Ach ja, und ausgeraubt werden kann man auch zu zweit. Ich sag’s bloß.

Ehrlich gesagt kann mir nur noch äußerst schwer vorstellen, jemals wieder länger in Begleitung zu reisen. Einen kleinen Urlaub machen vielleicht schon, aber so richtig reisen und Abenteuer erleben? Nee, Danke. Das mache ich wirklich lieber allein. Ich bin mir selbst genug und glücklich damit.

Und vielleicht ist DAS das wahrhaftig Gefährliche am alleine reisen als Frau.

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Ein kleines Video zur Reise:


 

PS: Ich bin freie Autorin und Studentin und das Betreiben dieses Blögchens kostet – genau wie alles andere im Leben – ein wenig Geld.Wer also mag, kann hier via BuyMeACoffee ein bisschen Trink-, äh, Schreibgeld dalassen. Dankeschön! <3

 

 

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